IGeL überzeugend kommunizieren – Typische „Fehler“ und Tipps für eine professionelle Kommunikation

Im ersten Beitragsteil ging es um einige Grundlagen zum Thema IGeL und mögliche Gründe, die am IGeLn im Praxisteam hindern können. Dieser Beitrag möchte typische „Fehler“ im Zusammenhang mit dem IGeL-Angebot aufzeigen und Tipps geben, wie diese vermieden werden können. Darüber hinaus soll er Anregungen für eine patientengerechte und überzeugende Kommunikation von IGeL geben.

Bei den typischen Gründen, die am IGeLn hindern können, handelt es sich – wie im ersten Beitragsteil dargestellt – beispielsweise darum, dass Chef und Mitarbeiterinnen unterschiedliche Vorstellungen davon haben, ob überhaupt IGeL in der Praxis angeboten werden sollen oder nicht. Einen negativen Einfluss können auch hemmende Gedanken bezüglich des IGeLns oder zur Begrifflichkeit „IGeL“ haben. Eine entscheidende Rolle spielt daneben, ob die Angebote dem Patienten fachlich erklärt und ihm gegenüber professionell kommuniziert werden können.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass es völlig in Ordnung ist, wenn sich eine Praxis prinzipiell gegen das IGeLn entscheidet. Aber wenn man diesen Weg gehen möchte, dann sollten alle Teammitglieder an einem Strang ziehen, einen gleichen oder zumindest ähnlichen Wissenstand haben, ihren Part im Ablauf des IGeL-Angebots kennen und nur die Leistungen anbieten, hinter denen sie als Praxis auch stehen können – im Zweifelsfall lieber weniger als mehr. 
Um Lösungen für potenzielle Hemmnisse zu finden, bieten sich z. B. Teambesprechungen an. Inhalt einer solchen Besprechung kann sein:

  • sich grundsätzlich für oder gegen das Thema „IGeLn“ zu entscheiden
  • einen für die Praxis geeigneten, individuellen Begriff für das Selbstzahlerangebot zu finden (der ggf. auch zum Praxismotto oder Corporate Design passt), z. B. „Medizinische Wunschleistung“ oder „Vorsorge plus“
  • sich eine Liste von (bereits vorhandenen oder zukünftigen) Leistungen zusammenzustellen, die man guten Gewissens vertreten und auch inhaltlich-fachlich kompetent vermitteln möchte. 

Die Fragen im nebenstehenden Infokasten eignen sich dazu, möglichst viele Aspekte im Zusammenhang mit der Kommunikation von IGeL abzudecken. Sie können auch als Grundlage (und Gesprächsbasis für den Chef) in Teamsitzungen dienen, um die jeweiligen Kompetenzen zu verbessern. Das Üben in Rollenspielen vor dem Einsatz beim Patienten erhöht nicht nur die Sicherheit im Umgang mit IGeL, sondern ist häufig auch mit einem gewissen Spaßfaktor verbunden. 

Jedes Teammitglied sollte in der Lage sein, jede IGeL der Praxis und insbesondere deren Nutzen mit eigenen Worten (ausbildungsentsprechend) fach- und patientengerecht erklären zu können. Das fängt mit der Sprache und der Wortwahl an.
 

FAQs im Zusammenhang mit IGeL 
 
  • Wozu wird untersucht/therapiert? (Ziel, Nutzen)
  • Welche Erfahrung liegt zur jeweiligen Untersuchung/Therapie vor, auch bezüglich der Durchführung? (persönlich und zur Methode)
  • Welche Alternativen gibt es zur angebotenen Methode?
  • Was wird untersucht/therapiert?
  • Womit wird untersucht/therapiert: mit welcher Methode, ggf. mit welchen Geräten, wie funktionieren sie, welche Möglichkeiten bieten sie etc. Gibt es mögliche Belastungen/Nebenwirkungen?
 
 
  • Wie wird untersucht/therapiert, wie läuft die Behandlung ab? (Vorgehensweise, Schritt für Schritt)
  • Wo wird das Informationsgespräch/die Untersuchung/die Therapie durchgeführt? (Ort/Raum in der Praxis)
  • Wer ist der Untersucher/Therapeut? (Arzt/Mitarbeiterin oder (abwechselnd) beide)
  • Was kostet die Untersuchung/Therapie? 
  • Wann und wie wird bezahlt? Etc.
 

 

IGeL- und patientenorientierte Sprache

Wie sich allgemein eine gelungene Kommunikation und ein guter „Draht“ zum Patienten herstellen lässt, war bereits Thema (Beitrag 1 und Beitrag 2). In diesem Beitrag soll das Augenmerk auf einer „IGeL-spezifischen“ Sprache liegen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist zu wissen, dass unser Gehirn zunächst einmal Verneinungen ausblendet. Das bedeutet, wenn Sie Ihrem Patienten in guter Absicht sagen: „das ist gar nicht (mal so) teuer“ hört er nur „… teuer“ und alle damit (für ihn) verbundenen negativen Assoziationen. Wir erzeugen – gewollt oder ungewollt – mit unseren Worten und Ausdrucksweisen innere Bilder, die mehr oder weniger einladend wirken können. Im Folgenden werden zunächst einige sprachliche Negativbeispiele vorgestellt:

  • „Die Sache hat (aber) einen Haken ... .“
  • „Das kostet aber … .“
  • „Das müssen Sie selbst zahlen … .“
  • „Das gibt es leider nur für Privat­patienten … .“
  • „Ich weiß (auch) nicht, ob das bei Ihnen noch was bringt … .“
  • „Kann ich auch nicht sagen, wie die Methode funktioniert … .“
  • „Über IGeL zu sprechen nervt uns auch … .“

Do’s und Dont’s in der IGeL-Kommunikation

Lassen Sie einmal folgende Do’s and Dont’s auf sich wirken und entscheiden Sie selbst, von welchen Sie sich mehr angesprochen fühlen:

Dont’s

Do’s

„Das ist gar nicht teuer … .“

„Für diese Investition erhalten Sie … .“

„Wenn Sie … nicht tun, bricht Ihr Immunsystem zusammen.“

„Mit dieser Behandlung gehen Sie fit und gestärkt durch den Winter/… schaffen Sie gute Voraussetzungen dafür, … .“

„Diese Therapie hat kaum Nebenwirkungen … .“

„Diese Therapie ist besonders gut verträglich … .“

„Das kann ich nicht sagen … .“

„Meine Kollegin/Frau Doktor hilft Ihnen gleich weiter/beantwortet Ihre Frage gleich.“

„Die Kasse zahlt … aber nicht.“

„Es ist wichtig für Sie zu wissen, dass dies keine Leistung Ihrer Krankenkasse ist … .“

 

Wünsche und Bedürfnisse erkennen und den Nutzen darstellen

Entscheidend dafür, ob ein IGeL-Angebot angenommen wird, ist die Frage, ob es gelingt, die Wünsche und Bedürfnisse des Patienten zu erkennen und ihm den Nutzen darzustellen – vorzugsweise vor der Mitteilung der Kosten. Der Patient möchte keine IGeL „kaufen“, sondern vor allem erfahren, was sie ihm bringt, welches Problem sie löst und wie sie wirkt. Um sich der Einsatzmöglichkeiten, Wirkweisen etc. und Vorteile der jeweiligen IGeL bewusst zu werden und einen Gleichstand im Team zu erzielen, eignet sich z. B. eine gemeinsame Auflistung und Ausarbeitung der IGeL-Angebote in einer Tabelle inklusive deren Vorteile und Nutzen (s. Beispiel für eine Vorlage):

IGeL/Methode

Vorteile/Nutzen

Methode 1: …

a: …

 

b: …

 

c: …

Methode 2: …

a: …

 

b: …

 

c: …

Methode 3: …

a: …

 

b: …

 

c: …

 

Bei der Darstellung der Methode und des Nutzens etc. sollte man versuchen, möglichst das Gefühl des Patienten zu erreichen. Oft wird mit (zu) viel Informationen und Fachausdrücken der Kopf angesprochen – die Entscheidung fällt aber meistens mit dem Bauch (s. Abb.). Geben Sie dem Patienten Bedenkzeit, lassen Sie ihn in Ruhe überlegen. Manche Kollegen fordern sogar eine Unterschrift, wenn der Patient eine IGeL ablehnt. Das erzeugt Druck und reduziert die Erfolgschancen, dass diese Leistung in Anspruch genommen wird.

Einwände behandeln

Einwände werden nicht widerlegt, sondern behandelt. Wenn man sie im Laufe der Zeit sammelt, kann man sich für die Zukunft entsprechend auch sprachlich darauf vorbereiten. Typische Einwände sind, z. B.:

  • „Meine Kasse sagt aber, sie zahlt dafür … .“
  • „Bringt das überhaupt was … ?“
  • „Das ist aber teuer/das ist mir zu teuer …“

Der erste Einwand ist schnell bearbeitet, wenn der Patient sich dies von seiner Krankenversicherung schriftlich geben lassen soll. Für den zweiten Einwand sind Kenntnisse bezüglich der Wirkweise, Erfahrung, des Nutzens und der Ziele des Patienten von besonderer Bedeutung.

Bei dem finanziellen Einwand ist herauszukristallisieren, ob es sich eher um eine Abwimmelung handelt. Man kann durchaus einmal nachfragen „im Vergleich zu was … zu teuer?“. Wenn man die Kosten diverser Zigarettenpackungen im Monat, einer Tankfüllung oder eines Restaurantbesuchs daneben hält, relativiert sich das Thema schnell. Wenn aber der Eindruck entsteht, dass dem Patienten der finanzielle Aufwand (zur Zeit) tatsächlich zu viel ist, kann das Angebot von Ratenzahlungen eine gute Lösung sein.

10 Tipps für erfolgreiches IGeLn

Anhand der folgenden Tipps kann beispielsweise ein erfolgreiches und patientenorientiertes IGeLn in der Praxis gelingen:

1.    Hinderungsgründe und „Fehler“ beim IGeL-Angebot herausfinden.
2.    Als Anbieter selbst überzeugt und motiviert vom IGeLn und den jeweiligen Leistungen sein. 
3.    Mit verbaler und nonverbaler Kommunikation einen guten „Draht“ zum Patienten herstellen.
4.    Den Patienten mit IGeL-spezifischer Sprache erreichen.
5.    Wünsche und Bedürfnisse des Patienten erkennen.
6.    Die IGeL der Praxis kennen und erklären können.
7.    Den Nutzen der IGeL darstellen.
8.    Einwände behandeln.
9.    Preisnennung und Abwicklung der Bezahlung regeln.
10.  Aufgabenverteilung und Zuständigkeiten im Team für IGeL-Angebot und Durchführung etc. klären.

 

Dr. med. Birgit Hickey
Fachärztin für Allgemeinmedizin
Diplom-Biologin. Niedergelassen in eigener Praxis seit 1992, Tätigkeitsschwerpunkt: Systemische Medizin und -Familientherapie, Systemische Kommunikation und -Mediation. Durchführung von Kommunikationstrainings für Praxen und Kliniken seit 1993. Praxis in Münster: VitalCenter, Gasselstiege 23, 48159 Münster, 0251/3220031
www.birgit-hickey.de

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