Fragen und Antworten in Rechtsbelangen

Ist es möglich einen Gesellschafter im Status des angestellten Arztes in unserem eigenen MVZ zu beschäftigen? • Ist eine Pauschalvergütungsabrede für Überstunden wirksam?

Anstellung von Gesellschaftern im MVZ

Frau Dr. S. aus Bielefeld: 

Wir sind eine orthopädische Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) mit vier Gesellschaftern. Jeder von uns hat eine volle Zulassung. Da wir demnächst die Anmietung einer größeren Fläche auch mit einem angeschlossenen OP-Bereich planen und das Ganze ein erhebliches Investitionsvolumen hat, möchten wir sicherstellen, dass im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters dessen Zulassung auch in der BAG bleibt. Deshalb hatten wir die Idee, dass wir aus unserer BAG ein MVZ machen und wir alle zugunsten des MVZ auf unsere Zulassungen verzichten, um uns dann in unserem eigenen MVZ anzustellen. Wir bleiben auch gleichberechtigte Gesellschafter im MVZ. Ist das für uns eine Option, um unser Ziel zu erreichen, die Zulassungen dauerhaft an die Praxis zu binden?

Herr Rothfuß:

„Tatsächlich wäre dies ein möglicher Weg zur Erreichung Ihres Ziels gewesen. Das sieht nun allerdings nach einer aktuellen Entscheidung des BSG vom 26.01.2022 (B 6 KA 2/21 R) ganz anders aus: Unabhängig von der Rechtsform, in der Sie das MVZ führen möchten, ist es aus Sicht des BSG nicht genehmigungsfähig, wenn die Gesellschafter der MVZ-Trägergesellschaft aufgrund ihrer Gesellschafterstellung die Rechtsmacht besitzen, die mit ihrer Anstellung im MVZ verbundene Weisungsgebundenheit aufzuheben. Also immer dann, wenn ein Gesellschafter der MVZ-­Trägergesellschaft durch sein Stimmrecht ihm für seine Anstellung nicht genehme Beschlüsse und Weisungen verhindern kann, ist für diesen Gesellschafter die Beteiligung am MVZ nur im Status des Vertragsarztes und nicht im Status des angestellten Arztes zulässig. Danach müsste in Ihrem Fall genau geprüft werden, wie die Entscheidungsfindung in der MVZ-Trägergesellschaft ausgestaltet werden soll. Wenn ich einmal davon ausgehe, dass Sie und Ihre Mitgesellschafter kein Interesse daran haben, dass Sie sich wechsel­seitig Weisungen in Bezug auf Ihre jeweilige Anstellung erteilen lassen wollen, ist Ihr Ziel zwar legitim, aber nach der Entscheidung des BSG so nicht mehr möglich.“

Pauschale Überstundenabgeltung

Herr V. aus Detmold:

Ich habe mit meinen MFA in den Arbeitsverträgen schriftlich vereinbart, dass mit der monatlichen Vergütung eine bestimmte Anzahl von Überstunden abgegolten ist. Dabei habe ich die Abgeltung so abgestuft, dass bei in Vollzeit tätigen MFA zehn Überstunden pro Monat inkludiert sind; bei in Teilzeit tätigen MFA habe ich das entsprechend zeitanteilig berechnet. Ich habe mich im Streit zwischenzeitlich von einer Mitarbeiterin, die in Vollzeit angestellt war, trennen müssen. Jetzt macht sie über einen Anwalt die Vergütung von Überstunden geltend. Über die 2,5 Jahre Beschäftigungszeit hat sie ab und zu Überstunden machen müssen, wobei ich die über zehn hinausgehenden Überstunden eines Monats auch jeweils in Freizeit ausgeglichen habe, nicht aber die bis zu zehn Überstunden. Der Anwalt behauptet, die Pauschalvergütungsabrede für die Überstunden sei unwirksam. Hat er Recht?

Herr Rothfuß:

„Nein. Sie müssen die Überstunden, die nicht über zehn pro Monat hinausgegangen sind, nicht nachträglich vergüten. Das hat das LAG Mecklenburg-Vorpommern in einem Urteil vom 14.09.2021 (2 Sa 26/21) ausdrücklich bestätigt: Eine Klausel, nach der über die betriebliche Arbeitszeit hinausgehende Mehrarbeit im Umfang von bis zu zehn Stunden pro Monat mit der vereinbarten Bruttovergütung abgegolten sein soll, sei nicht ungewöhnlich. Deshalb sei eine solche auch nicht überraschend. Die Pauschalabgeltungsabrede sei auch nicht intransparent. Nach diesen Grundsätzen sei bspw. eine Klausel – wie in dem entschiedenen Fall – mit der Formulierung „Mit der Bezahlung der vorgenannten Bezüge ist etwaige über die betriebliche Arbeitszeit hinausgehende Mehrarbeit im Umfang von bis zu zehn Stunden pro Monat abgegolten“, klar und verständlich. Damit sei für den Arbeitnehmer auch erkennbar gewesen, dass er ggf. bis zu zehn Überstunden pro Monat ohne zusätzliche Vergütung leisten muss. Richtigerweise muss allerdings noch geprüft werden, ob die Vergütungsabrede im Ergebnis gegen zwingende gesetzliche Regelungen verstößt. So darf die Pauschalvergütungsabrede nicht dazu führen, dass der gesetzliche Mindestlohn 
dadurch unterschritten wird.“

Sven Rothfuß
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht

Kanzlei am Ärztehaus
Oberländer Ufer 174, 50968 Köln

(0221) 34066960
www.kanzlei-am-aerztehaus.de

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