Fragen und Antworten in Rechtsbelangen

Rückgabe von Arbeitsmitteln • Vertretung bei Nebentätigkeiten • Ausgelagerte Praxisräume

Rückgabe von Arbeitsmitteln

Herr P. aus Essen

Unser MVZ verfügt über eine Schließanlage. Nachdem wir eine unserer MFA gekündigt haben, haben wir sie aufgefordert ihren Schlüssel für die Schließanlage im MVZ abzugeben. Die Mitarbeiterin war der Ansicht, dass wir den Schlüssel bei ihr abholen müssten. Nach mehrmaliger Aufforderung will sie uns den Schlüssel zugeschickt haben, allerdings ist dieser nie angekommen. Wir haben die Schließanlage daher austauschen lassen. Können wir von der MFA Ersatz der Kosten verlangen?

Herr Rothfuß:

„Bei dem Schlüssel handelt es sich um ein Arbeitsmittel, das grundsätzlich am Arbeitsort zurückzugeben ist. Wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln am 10.08.2017 urteilte (Az.: 7 Sa 1073/16), handelt es sich um eine sogenannte Bringschuld des Arbeitnehmers. Da der Schlüssel am Arbeitsplatz abgegeben werden müsse, habe ein Arbeitnehmer auch für Personen, die er zur Überbringung des Schlüssels einsetzt – in diesem Fall die Post – einzustehen. Da sich in einem MVZ (Patienten-)Unterlagen befinden, die der Geheimhaltung unterliegen, dürften es die Betreiber auch für erforderlich halten die Schließanlage auszutauschen, zumal nicht auszuschließen ist, dass der Schlüssel in falsche Hände geraten ist. Ihre Mitarbeiterin wird Ihnen daher die für den Austausch der Schließanlage entstandenen Kosten zu ersetzen haben.“

Vertretung bei Nebentätigkeiten

Herr Dr. G. aus Würzburg

Ich bin als Chirurg vertragsärztlich niedergelassen. Seit vielen Jahren begleite ich Krankenrücktransporte per Flugzeug, etwa im Auftrag des ADAC. Während meiner Abwesenheit lasse ich mich in meiner Praxis vertreten. Nach einer Plausibilitätsprüfung ist die KV zu dem Ergebnis gekommen, dass ich gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung verstoßen hätte, weil die Krankenrücktransporte keinen taug­lichen Vertretungsgrund darstellen würden. Die KV fordert nun vom mir Honorare zurück, die ich für die Leistungen des Vertreters abgerechnet habe. Ist das rechtmäßig? 

Herr Rothfuß:

„Das SG München hob mit Urteil vom 02.06.2022 (Az.: S 38 KA 125/19) eine Rückforderung der KV in einem gleichgelagerten Fall auf. Die Begleitung von Krankenrücktransporten stellten einen tauglichen Vertretungsgrund dar. Das Gericht hielt die Vertretungsgründe in § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV (Zulassungsverordnung für Vertragsärzte) für nicht abschließend. Daneben sei es auch möglich, sich während einer ehrenamtlichen Tätigkeit vertreten zu lassen. Eine Vertretung während Tätigkeiten, bei denen finanzielle Interessen vordergründig seien, sei dagegen nicht möglich. Bei einem Stundenlohn von ca. 54 € für die Rücktransporte sei zumindest von einer „einer ehrenamtlichen Tätigkeit nahe“ stehenden Tätigkeit auszugehen. Darüber hinaus könnten die Transporte auch als Urlaub angesehen werden. Der Begriff des „Urlaubs“ sei für einen selbständig tätigen Arzt weiter zu verstehen als der für unselbständig tätige Arbeitnehmer geltende Urlaubsbegriff des Bundesurlaubsgesetzes, unter dem „Erholungsurlaub“ verstanden würde. Dem Arzt könne nicht vorgeschrieben werden, wie er seinen Urlaub zu gestalten habe, solange er keiner anderen beruflichen Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht nachgehe.“

Ausgelagerte Praxisräume

Frau Dr. B. aus Detmold

Wir sind mit mehreren Ärzten in einem MVZ tätig. Nun möchten wir in einem 9 km entfernten ausgelagerten Operationszentrum ambulante Operationen durchführen. Die KV teilte uns mit, dass dies nicht möglich sei, weil das Kriterium der „räumlichen Nähe“ für ausgelagerte Praxisräume nach § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV nicht erfüllt sei. Kann die KV sich bei der Versagung allein auf die Wegstrecke berufen?

Herr Rothfuß:

„In seinem Urteil vom 06.04.2022 (Az.: B 6 KA 12/21 R) hat das BSG klargestellt, dass es für die Frage der räumlichen Nähe nach § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV auf die zeitliche Erreichbarkeit des Vertragsarztsitzes von den ausgelagerten Praxisräumen und nicht auf die Wegstrecke ankommt. Die persönliche Anwesenheit des Arztes am Vertragsarztsitz müsse innerhalb von maximal 30 Minuten sichergestellt sein, wenn er in den ausgelagerten Praxisräumen tätig ist. Dies sichere auch eine gleichmäßige Rechtsanwendung in dicht besiedelten städtischen und ländlich strukturierten Gebieten.“

 

Sven Rothfuß
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht
Kanzlei am Ärztehaus
Oberländer Ufer 174, 50968 Köln
(0221) 34066960
www.kanzlei-am-aerztehaus.de

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