HIV-PrEP: Neue Leistungsziffern im EBM-Katalog
Im Rahmen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) hat der Gesetzgeber die HIV-Prävention unter die Lupe genommen. Ziel des Gesetzgebers ist es, die HIV-Ansteckungsrate entscheidend zu senken. Darum haben gesetzlich Versicherte mit einem erhöhten HIV-Infektionsrisiko schon ab dem vollendeten 16. Lebensjahr Anspruch auf ein für die HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) zugelassenes Medikament. Für die Beratung, Einleitung und Kontrolle der PrEP und für die erforderliche Laboruntersuchung hat der Bewertungsausschuss zum 1. September 2019 neue Leistungsziffern in den EBM-Katalog aufgenommen. Die Vergütung dieser Leistung erfolgt extrabudgetär.
Zur Vorbeugung einer HIV-Infektion werden seit 1. September 2019 für Menschen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko die Kosten für Beratung und laborchemische Diagnostik sowie die Arzneimittelkosten einer PrEP von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. In §2 der Anlage 33 des Bundesmantelvertrags-Ärzte (BMV-Ä) ist der anspruchsberechtigte Personenkreis aufgeführt.
Voraussetzungen
Dabei handelt es sich um die folgenden Versicherten mit einem substanziellen HIV-Infektionsrisiko, die das 16. Lebensjahr vollendet haben:
- Männer, die Geschlechtsverkehr mit Männern haben
- Transgender-Personen, die angeben, analen Geschlechtsverkehr ohne Kondome zu haben beziehungsweise die innerhalb der letzten zwölf Monate eine Geschlechtskrankheit hatten
- Personen, bei deren HIV-positivem/positiver Partner/in das HI-Virus in bestimmter Menge noch im Blut nachweisbar ist
Außerdem zählen folgende Patienten mit einem individuell erhöhten Ansteckungsrisiko dazu:
- Drogeninjizierende Personen ohne Gebrauch steriler Injektionsmaterialien
- Personen, die mit jemandem Geschlechtsverkehr haben, bei der oder dem eine nicht diagnostizierte HIV-Infektion wahrscheinlich ist
Versorgungsumfang der PrEP
Anspruchsberechtigte Versicherte erhalten nach der ärztlichen Beratung und dem Ausschluss von Kontraindikationen eine medikamentöse PrEP. Diese umfasst auch die erforderlichen Untersuchungen vor und während der Anwendung.
Um sicherzugehen, dass die Person noch nicht mit dem HI-Virus infiziert ist, ist ein vorheriger HIV-Test notwendig. Zusätzlich kann auch eine risikoadaptierte Untersuchung auf weitere Geschlechtskrankheiten wie Syphilis (Lues), Gonorrhoe und/oder Chlamydien als Begleitdiagnostik durchgeführt werden.
Genehmigung erforderlich
Die Qualitätsanforderungen, die durchführende Ärzte erfüllen müssen, sind im BMV-Ä §§ 4 und 5 der Anlage 33 geregelt. Ärzte, die über eine Genehmigung der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) verfügen, die der bestehenden Qualitätssicherungsvereinbarung HIV/Aids entspricht, dürfen die PrEP durchführen und die neuen EBM-Ziffern abrechnen (z. B. HIV-Schwerpunktpraxen).
Allgemeinmediziner, hausärztlich tätige Internisten, Kinder- und Jugendmediziner, Urologen, Gynäkologen oder Hautärzte, können unter den folgenden Voraussetzungen eine Genehmigung erhalten:
- Nachweis einer mindestens 16-stündigen Hospitation in einer ambulanten oder stationären Einrichtung zur medizinischen Betreuung von HIV- oder Aids-Patienten
- Durch Nachweis der Anwesenheit bei der Behandlung von mindestens 15 Personen mit HIV/Aids und/oder mit PrEP (z. B. im Rahmen der Hospitation), erlangt der Arzt die praktische, fachliche Kompetenz
- Nachweis an Fortbildungen (mit insgesamt 8 Fortbildungspunkten) zu diesem Thema
Die neuen GOP
01920: „Beratung vor Beginn einer HIV-PrEP, Dauer mindestens zehn Minuten.
Obligater Leistungsinhalt:
- Persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt (APK)
- Prüfung der Indikation zur PrEP einschl. Kontraindikationen
- Beratung zu: Ziel und Ablauf einer medikamentösen PrEP, Prävention und Transmission von HIV und anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen, Notwendigkeit der Kombination mit anderen Präventionsmaßnahmen, Risiko einer Resistenzentwicklung unter PrEP bei unerkannter HIV-Infektion, therapiebedingten Neben- und Wechselwirkungen, Symptomatik einer primären HIV-Infektion, weiterführenden Beratungsangeboten“1
Fakultativ können symptombezogene Untersuchungen erbracht werden.
01921: „Einleitung einer HIV-PrEP
Obligater Leistungsinhalt:
- Persönlicher APK
- Überprüfung des HIV- und Hepatitis-B-Status
- Indikationsstellung zur PrEP einschließlich Prüfung der Kontraindikationen
- Auswahl und Verordnung geeigneter Arzneimittel zur PrEP“1
01922: „Kontrolle im Rahmen einer HIV-PrEP, Dauer mindestens fünf Minuten.
Obligater Leistungsinhalt:
- Persönlicher APK
- Überprüfung der Indikation zur PrEP einschl. Kontraindikationen
- Überprüfung des HIV-Status
- Kontrolle und/oder Behandlung ggf. aufgetretener therapiebedingter Neben- und Wechselwirkungen“1
Fakultativ können symptombezogene Untersuchungen und Beratungen etwa zu Risikoreduktion, Adhärenzstrategien und Präventionsmaßnahmen erbracht werden.
Fazit für die Praxis
HIV-Schwerpunktpraxen werden die anspruchsberechtigten Patienten aufklären und falls erforderlich die PrEP durchführen. Die entsprechenden Fachgruppen, die für die Durchführung einer PrEP infrage kommen, sollten ihre Patientenkartei auf anspruchsberechtigte Personen überprüfen und entscheiden, ob sie eine Genehmigung bei der zuständigen KV beantragen, um die Leistung durchführen und abrechnen zu können. Alle Ärzte, die keine Genehmigung beantragen (können), sollten den betroffenen Patienten eine PrEP empfehlen und an Ärzte mit Genehmigung überweisen.
1 Online-Version des EBM in der Fassung mit Wirkung vom 01.10.2019 der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.