Praxishinweise für die Versorgung ukrainischer Flüchtlinge in Arztpraxen

Vor dem Krieg in der Ukraine flüchten viele Menschen, auch nach Deutschland. Das hat Auswirkungen auf die ambulante Versorgung. Wie ist die Kostenübernahme und Abrechnung von ärztlichen Leistungen geregelt? Hier finden Sie Antworten auf praxisrelevante Fragen zur aktuellen Situation.

Die medizinische Versorgung von Geflüchteten aus der Ukraine erfolgt derzeit gemäß einer Übergangslösung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Die Übergangsregelung sieht darüber hinaus vor, dass auch Krankenkassen auftragsweise die Betreuung von ukrainischen Flüchtlingen übernehmen können. Hierzu bedarf es einer landesbezogenen Vereinbarung zwischen Land und gesetzlichen Krankenkassen – diese gibt es derzeit in einigen Bundesländern. 

Die Abrechnung der medizinischen Leistungen für den Personenkreis ukrainischer Geflüchteter unterscheidet sich nicht von der Abrechnung der Leistungen bei anderen Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG. Es sind zwei Konstellationen zu unterscheiden:

1. Menschen mit Behandlungsschein

Ukrainische Geflüchtete, die in kommunalen oder städtischen Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht sind.

Die zuständigen Ämter der Kommunen (i.d.R. die Sozialämter) stellen dazu einen Behandlungsschein pro Quartal und Patientin bzw. Patient aus, mit denen eine Vertragsarztpraxis aufgesucht werden kann. Es gilt die freie Arztwahl. Ärztinnen und Ärzte können die Leistungen dann auf Grundlage des EBM abrechnen.

Kostenträger ist in diesem Fall die für die zentrale Unterbringungseinrichtung zuständige Bezirksregierung.

Ukrainische Geflüchtete, die private Unterkünfte bezogen haben oder die auf die Gemeinden verteilt wurden, also die zentralen Unterbringungseinrichtungen wieder verlassen haben.

Die zuständigen Ämter der Kommunen stellen Behandlungsscheine aus. Die Behandlungsscheine können in der Arztpraxis analog zur Abrechnung mit den Sonstigen Kostenträgern (SKT) gehandhabt werden.

2. Menschen ohne Behandlungsschein

Notfallbehandlung

In Notfällen kann unter Angabe des zuständigen Kostenträgers die medizinische Behandlung auch ohne Behandlungsschein erfolgen. Voraussetzung dafür ist ein gemeldeter Aufenthaltsort oder die Unterbringung in einer örtlichen Einrichtung. Der benötigte Behandlungsschein kann für diese Fälle nachgereicht werden. Falls im Notfall kein Behandlungsausweis vorliegt, eine Behandlung jedoch dringend erforderlich ist, wird über einen „Notfallschein“ (Muster 19, Kennzeichnung „Notfall“ oder ggf. „Ärztlicher Notfalldienst“) abgerechnet.

Notfallbehandlung ohne Behandlungsschein

Bitte erfragen Sie folgende Daten und geben diese in der Abrechnung an:

  • persönliche Daten der Patientin/des Patienten (Name, Vorname, Geburtsdatum)
  • Aufenthaltsadresse in Deutschland
  • zuständiger Kostenträger
 

Erscheint eine Patientin oder ein Patient ohne Behandlungsschein, bei dem es sich um keinen Notfall handelt, verweisen Sie ihn bitte an das zuständige Amt.

Arzneimittel

Für die Verordnung von Arzneimitteln wird ein „normales“ Rezept (Muster 16) verwendet, sowie für alle anderen Leistungen auch die üblichen Formulare.

Hinweise der jeweiligen KVen zu Abrechnung und Kostenübernahme

KV

Hinweise

Quelle und weitere Informationen

Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg

Grundlage für die medizinische Versorgung von ukrainischen Flüchtlingen ist das AsylbLG.Als Kostenträger ist bei ukrainischen Geflüchteten, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung (LEA) untergebracht sind, die zuständige Erstaufnahmeeinrichtung anzugeben.
Für alle anderen Unterbringungsarten ist als Kostenträger das zuständige Sozialamt bzw. die untere Aufnahme­behörde des Stadt- oder Landkreises einzutragen.

www.kvbawue.de/kvbw/aktuelles/news-artikel/news/gefluechtete-aus-der-ukraine-gesundheitsversorgung-gesichert/ 

Kassenärztliche Vereinigung Bayerns

Die Abrechnung der ambulanten Leistungen für Flüchtlinge aus der Ukraine erfolgt nach dem Vertrag zur Versorgung von Asylbewerbern. Leistungserbringer rechnen wie gewohnt über die KV Bayern ab. Bei der ambulanten Versorgung im Rahmen des „Asylvertrags“ ist zwischen Personen mit und ohne Behandlungsschein zu differenzieren.

Bei Notfallbehandlungen bei Personen ohne Behandlungsschein, fordern Sie bitte im Nachgang einen Behandlungsschein über die Anzeige einer Eilbehandlung beim zuständigen Kostenträger an.

www.kvb.de/inhalte-startseite/newsdetail-fuer-aktuelles-meldungen/news/8/3/2022/ambulante-versorgung-von-fluechtlingen-aus-der-ukraine/ 

Kassenärztliche Vereinigung Berlin

Aktuell ist davon auszugehen, dass betroffene Personen auf Grundlage des AsylbLG behandelt werden. Für ukrainische Flüchtlinge in Berlin gilt dann wahrscheinlich das bereits 2015 in Kraft gesetzte Verfahren: Personen erhalten eine Chipkarte (vorher einen Übergangsschein), mit dem sie für eine Behandlung in die Praxis gehen können. Problem ist derzeit, dass die ankommenden Personen noch nicht registriert werden. Hier soll eventuell bald eine Online-Registrierung eingerichtet werden. 

www.kvberlin.de/sonder-pid-gefluechtete-aus-der-ukraine 

Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg

Die Abrechnung der ambulanten Leistungen für Flüchtlinge aus der Ukraine erfolgt über den Vertrag zur Rahmenvereinbarung über die ärztliche Versorgung der im Asylbewerberleistungsgesetz genannten Berechtigten.

Die auftragsweise Betreuung durch die Krankenkassen hat in einigen Kommunen bereits begonnen. 

Für Notfallbehandlungen vor Aufnahme in eine Krankenkasse, erfolgt die Rechnungslegung an das zuständige Sozialamt nach den Grundsätzen der GOÄ mit dem üblichen Steigerungsfaktor 2,3.

Für Personen, die bereits eine Bescheinigung ihrer Krankenkasse (Aufnahme in Krankenkasse ist erfolgt), aber noch keine Krankenversichertenkarte haben, erfolgt die Abrechnung nach dem EBM über die KV. Die KV empfiehlt, eine Kopie der vorläufigen Bescheinigung zur Patientenakte zu nehmen, aber nicht der Abrechnung beizufügen.

Ukrainische Geflüchtete haben den Leistungsanspruch wie GKV-Versicherte. Zur Berücksichtigung des ärztlichen Mehraufwands und in Ergänzung zu den GOP des EBM ist die Abrechnung einer Integrationspauschale (Symbolnummer (SNR) 99420, 21 €) für den Aufwand bei der eingehenden Erörterung möglich. 

www.kvbb.de/praxis/service/ansicht-news/article/ambulante-aerztliche-versorgung-von-gefluechteten-aus-der-ukraine/19/archive/2022/ 

Kassenärztliche Vereinigung Bremen

Es kommen Berechtigungsscheine der Bremer Sozialämter zum Einsatz. Es handelt sich um Notfall-Krankenscheine des Amts für Soziale Dienste Bremen. Diese Scheine sind 48 Stunden gültig. Für niedersächsische Geflüchtete dürfen diese Scheine nicht genutzt werden.

Legen Sie einen Abrechnungsschein als Sonstigen Kostenträger an, z.B. für das Amt für Soziale Dienste Bremen mit der VKNR 03801 bzw. Institutskennzeichen (IK-Nummer) 100003801. Grundsätzlich gelten für alle Bremer Sozialamtsscheine die vorgenannten Nummern. Der Abrechnungsschein verbleibt in der Praxis und wird mit der Abrechnung bei der KV eingereicht (Praxistempel und Unterschrift der Ärztin/des Arztes auf dem Abrechnungsschein zwingend erforderlich)

www.kvhb.de/praxen/nachrichten/detail/versorgung-ukrainischer-gefluechteter-abrechnung-ueber-lila-notfallkrankenschein

Kassenärztliche Vereinigung Hamburg

Die Stadt Hamburg hat einen Vertrag mit der AOK Bremen/Bremerhaven abgeschlossen, wonach Flüchtlinge bei dieser Krankenkasse angemeldet werden und von dort eine Krankenversichertenkarte erhalten, bis ihr Aufenthaltsstatus geklärt ist. In einer Phase zwischen Ankunft und Erhalt der Karte legitimieren sich die Flüchtlinge durch ein Formular der Stadt. Grundsätzlich sind Flüchtlinge analog zu „gesetzlich“ Versicherten abzurechnen. Es gibt aber Einschränkungen beim Leistungsumfang, die in der Vereinbarung definiert wurden (s. Link).

www.kvhh.net/de/praxis/aktuelle-meldungen/kvh-telegramm-nr-9-vom-11-maerz-2022.html 

Mehr zum Leistungsumfang bei der Behandlung von Flüchtlingen: www.kvhh.net/de/praxis/abrechnung-and-honorar/abrechnung-besonderer-patientengruppen/asylbewerber.html

Kassenärztliche Vereinigung Hessen

Die Behandlung ukrainischer Geflüchteter erfolgt auf Grundlage des AsylbLG.

Die Behandlungsscheine in Hessen werden in der Arztpraxis aufbewahrt (sie werden nicht mit der Quartalsabrechnung abgegeben).

www.kvhessen.de/publikationen/fluechtlinge/ 

Kassenärztliche Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern

Es gilt die seit 2015 bestehende Rahmenvereinbarung zur Versorgung von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Mecklenburg-Vorpommern für Geflüchtete aus der Ukraine, unabhängig von ihrem aktuellem Aufenthaltsstatus.

www.kvmv.de/service/archiv/2022/Versorgung_Ukraine-Fluechtlinge_04032022.html 

 

Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen

Für die Gewährung der Leistungen ist das örtliche Sozialamt zuständig. Verweisen Sie Hilfebedürftige vor der medizinischen Versorgung an das örtliche Sozialamt. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Ihre Bezirksstelle.

Die Behandlungsscheine reichen Sie mit Ihrer Abrechnung bei der KV Niedersachsen ein. Die Vergütung erfolgt auf der Grundlage von Verträgen zwischen der KV und den Kommunen.

www.kvn.de/Mitglieder/Praxis

Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein 

Die Behandlung ukrainischer Geflüchteter erfolgt zunächst auf Grundlage des AsylbLG. Bei Personen, die in kommunalen Einrichtungen oder privat untergebracht sind, ist der Kostenträger die Kommune. Geben Sie bitte die VKNR des entsprechenden Asyl- bzw. Sozialamts an.

Einzelne Gemeinden (z.B. Bonn, Düsseldorf, Köln) nehmen an einer Rahmenvereinbarung mit dem Land NRW teil. Geflüchtete in diesen Gemeinden werden eine Krankenversichertenkarte von zugeteilten Krankenkassen im Auftrag der Gemeinde erhalten. Wenden Sie bitte für die Übergangszeit das Ersatzverfahren an: Geben Sie die VKNR der jeweiligen Krankenkassen an und kennzeichnen Sie die Versicherten in der Praxisverwaltungs-Software mit dem Statusmerkmal „9“ im Element „Besondere Personengruppen“.

Achtung: In allen anderen Fällen ist für die Behandlung Geflüchteter die VKNR des entsprechenden Asyl- bzw. Sozialamts anzugeben.

www.kvno.de/aktuelles/aktuelles-detail/nachricht/medizinische-versorgung-von-gefluechteten-aus-der-ukraine

Infos zum Flüchtlingsvertrag: www.kvno.de/praxis/recht-vertraege/vertraege/vertrag-zur-fluechtlings-erstversorgung 

Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz erfolgt die Abrechnung der Leistungen aufgrund einer bereits bestehenden vertraglichen Vereinbarung mit der ADD Trier über die KV Rheinland-Pfalz. Die Aufnahmeeinrichtungen befinden sich in Hermeskeil, Kusel, Speyer, Trier und Bitburg.

www.kv-rlp.de/praxis/ukraine/ 

Kassenärztliche Vereinigung Saarland 

Die zuständigen Ämter der Kommunen bzw. der Landkreise/des Regionalverbands stellen Behandlungsscheine aus. Die Behandlung bzw. Abrechnung der Betroffenen erfolgt analog der Vorgehensweise zur Abrechnung der Asylbewerber. Bei der Anlage des Scheins in Ihrer Abrechnung ist die VKNR des jeweiligen Landkreises zu verwenden.

Ärztinnen und Ärzte reichen die Behandlungsscheine zusammen mit der Abrechnung bei der KV ein.

www.kvsaarland.de/-/ambulante-versorgung-von-fl%C3%BCchtenden-aus-der-ukraine 

Kassenärztliche Vereinigung Sachsen

Die Behandlung ukrainischer Geflüchteter erfolgt auf Grundlage des AsylbLG. Die zuständigen Stellen (Landesdirektion, Landkreise bzw. kreisfreie Städte) stellen hierfür einen Behandlungsschein aus unter dessen Kostenträgernummer die Leistungen abzurechnen sind.

www.kvs-sachsen.de/aktuell/aktuelle-nachrichten-und-themen/2273-ambulante-versorgung-von-fluechtlingen-aus-der-ukraine/ 

Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt

Die Behandlung ukrainischer Geflüchteter erfolgt auf Grundlage des AsylbLG.

Abgerechnet wird über die KV nach dem EBM jeweils gegenüber dem örtlich zuständigen Kostenträger (in der Regel das Sozialamt). Die entsprechenden Kostenträgernummern finden Sie im Kostenträgerstamm Ihres Praxisverwaltungssystems oder in der Übersicht zu den Besonderheiten bei der Abrechnung von Asylbewerbern. Liegt ein Abrechnungsschein noch nicht vor, rechnen Sie die Notfall-Erstbehandlung auf einem Datensatz (Muster 19) ab. Nach erfolgter Notfallbehandlung verweisen Sie bitte an den örtlich zuständigen Sozialhilfeträger

www.kvsa.de/praxis/aktuelles/ukraine_hilfe.html 

Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein

Grundsätzlich soll das AsylbLG in veränderter Anwendung Grundlage ärztlicher Behandlungen und veranlasster Leistungen sein. Dieses ist allerdings nicht abschließend geklärt und deshalb ist auch das gesamte Vorgehen noch unklar. Hierzu finden auf verschiedenen Ebenen Gespräche statt. Die KV Schleswig-Holstein wird Sie umgehend informieren, wenn es eine Faktenlage gibt. Geflüchtete Personen, die privat untergebracht sind, sollten sich bei der kommunalen Ausländerbehörde ihres Aufenthaltsorts registrieren lassen. Dort stellt man ihnen vorläufig einen Krankenschein gemäß AsylbLG aus.

www.kvsh.de/praxis/praxisfuehrung/newsletter/43-impf-update 

Kassenärztliche Vereinigung Thüringen

Noch keine Info mit Stand 10.03.2022.

www.kv-thueringen.de/ukraine#c11207 

Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe

Bitte reichen Sie die Behandlungsscheine zusammen mit der Abrechnung bei der KV Westfalen-Lippe ein. Arzneimittel werden normal auf dem Muster 16 verordnet. Auch für anderen Leistungen verwenden Sie bitte die üblichen Formulare.

www.kvwl.de/mediathek/telegramm/pdf/KVWL-Newsletter_09_03_2022_Behandlungsschein_Ukraine-Fl%C3%BCchtlinge.pdf 

 

Die VeWo steht die vknr?rtragskassennummer der Kassenärztlichen Vereinigungen (VKNR) identifiziert Krankenkassen für Abrechnungszwecke. Sie besteht je nach Krankenkasse aus 19 bis 30 Stellen. Nur zehn davon sind sichtbar auf der Gesundheitskarte aufgebracht. Diese sind immer auf der Vorderseite der Gesundheitskarte unten mittig zu finden.

► Hinweis: Die hier genannten Auflistungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und sollen lediglich Hinweise zur Unterstützung geben.

Quelle: Kassenärztliche Vereinigungen der Länder

Stand: 11. März 2022

Hier finden Sie passende Abrechnungstipps zu verwandten Themen

 

Nach oben

Interessiert an neuen Fortbildungen oder Abrechnungstipps?

Abonnieren Sie unseren Infoletter.
 

Zur Infoletter-Anmeldung

x
Newsletter-Anmeldung