Praxisräume: Wissenswertes vor Mietvertragsunterzeichnung

Für einen niedergelassenen Mediziner ist ein Mietvertrag von Praxisräumen eine der wesentlichen Grundlagen für die berufliche Tätigkeit. Allgemeingültige Standardmietverträge berücksichtigen dabei selten individuelle Interessen der Mieter, woraus sich rechtliche Schwierigkeiten für diese ergeben können. Es ist daher ratsam, folgende architektonische Belange vor Unterzeichnung eines Mietvertrags zu berücksichtigen:

 

Allgemeines

Oft ist es erforderlich, an den Räumlichkeiten bauliche Veränderungen vorzunehmen, um die eigenen Ansprüche an die Praxis oder die fachspezifischen Bedürfnisse zu realisieren. Diese sind eventuell nur mit Zustimmung des Vermieters möglich. Es ist empfehlenswert, eine solche Zustimmung im Mietvertrag zu fixieren. Gleichzeitig ist mit dem Vermieter zu klären und ebenfalls schriftlich festzuhalten, inwieweit der Rückbau derselben bei einem Auszug vorzunehmen ist.

Die erwähnten notwendigen Umbauten sind nicht nur für den Praxisbetrieb wichtig, sie sichern auch die Bausubstanz, werten das Gebäude somit auf und halten es modern. Daher kann zu den notwendigen Umbauten mit dem Eigentümer ein Baukostenzuschuss verhandelt werden, der auch Einfluss auf die Mietdauer und die Miethöhe als wichtiger Bestandteil des Mietvertrags nehmen kann.

Nutzungsänderungsantrag

Da im anvisierten Mietobjekt nicht unbedingt schon früher eine Praxis gewesen sein muss, ist zunächst die genehmigte Nutzung zu prüfen. Denn bei einer Änderung der Nutzung zum Beispiel von Büro zu Arztpraxis wird eine Genehmigung des zuständigen Bauamtes benötigt.

Diese Nutzungsänderung kann sowohl der Vermieter als auch der Mieter beantragen; in beiden Fällen als sogenannter Bauherr. Einen Architekten benötigen Sie zum Erstellen aller Unterlagen als sogenannten Entwurfsverfasser.

Brandschutz

Maßnahmen zum Brandschutz dienen dazu, Brände zu verhindern oder die Auswirkungen von Bränden so gering wie möglich zu halten. Ein Brandschutzkonzept beinhaltet konkrete Maßnahmen, die individuell für die jeweilige Fläche zugeschnitten ist. Ein solches Brandschutzkonzept sollten sich die Interessenten vor Mietvertragsunterzeichnung aushändigen lassen, damit sie einsehen können, welche Auflagen darin für die entsprechende Fläche beschrieben sind. Bei Unklarheiten ist ein Brandschutzsachverständiger und/oder ein Architekt hinzuzuziehen.

Eine wesentliche Frage ist, ob die zukünftige Praxis den Brandschutzanforderungen genügt; beispielsweise ob die vorgeschriebene Anzahl und die Länge der Rettungswege vorhanden sind.

Technische Gebäudeschnittstellen und praxis- und medizintechnische Schnittstellen

Die Installation der je nach Fachrichtung benötigten Geräte, muss in den anzumietenden Räumen möglich sein und das kann sich auch im Mietvertrag widerspiegeln.

Beispielsweise kann die Traglast der Decken und des Estrichs angegeben werden. Das ist wichtig, wenn zum Beispiel ein schwerer Untersuchungsstuhl oder ein Röntgengerät benötigt werden.

Zusätzlich empfiehlt sich vor der Unterzeichnung eines Mietvertrags einige Schnittstellen in den Räumen zu prüfen wie die Elektroinstallationen, Sanitäranschlüsse und Statik:

  • Passt ein Raumprogramm nur durch das Versetzen von Wänden, muss die Änderung vorher auf Umsetzbarkeit statisch geprüft werden.
  • Eine wichtige Frage ist auch, ob die Elektroinstallation auf dem neuesten Stand ist; ob beispielsweise ein so genannter FI Schalter vorhanden ist (Fehlerstrom-Schutzschalter) zur Vermeidung gefährlicher Stromunfälle.
  • Eine größere Herausforderung kann auch das Fehlen eines Netzwerks sein, für das viele Meter Kabel untergebracht werden müssen. Wo können diese untergebracht werden?
  • Nicht zu vergessen ist die Prüfung der Wasserversorgung. Haben die Untersuchungsräume und das Labor Wasser oder kann man Wasserzapfstellen dort hinlegen, wo sie benötigt werden? Gibt es WC-Anlagen sowohl für Patienten als auch für das Personal?

Alle Schnittstellen, die für die Umsetzung des Raumprogramms notwendig sind, sollten im Vorfeld geprüft werden. Die oben genannten Beispiele sind nur ­einige wenige, denn jedes Gebäude und jede Fläche ist anders und muss individuell ­betrachtet werden.

Barrierefreiheit

Bei einem Praxisneubau oder einer Nutzungsänderung in bestehenden Gebäudeflächen ist die jeweilige Landesbauordnung maßgeblich. So sieht die Landesbauordnung NRW in § 55 alle Einrichtungen des Gesundheitswesens als öffentlich zugängliche Gebäude(-teile) an. Damit ist der barrierefreie Zugang verpflichtend; mit dem Hintergrund, dass es für jeden Patienten möglich sein soll, die Praxis seines Vertrauens zu erreichen. Konkretisiert werden die Anforderungen an die Barrierefreiheit durch die DIN 18040-1.

Bei Bestandsgebäuden ist die Einhaltung der Barrierefreiheit nicht immer möglich. In diesen Fällen ist mit dem zuständigen Bauamt das weitere Vorgehen zu besprechen.

Resümee

Der Mietvertrag für eine Arztpraxis weicht in vielen Punkten von einem Standard-Mietvertrag ab. Fehler bei der Vertragsgestaltung können gravierende Folgen für den Mieter haben. Man ist daher gut beraten, in einen sorgfältig ausgearbeiteten Mietvertrag vor Unterzeichnung zu investieren. So kann die rechtliche Seite von einem Anwalt begutachtet und die baulichen Aspekte von einem Architekten geprüft werden. Nur so ist die eigene Standortsicherheit gewährleistet und die Entstehung von kostspieligen Rechtsstreitigkeiten bereits im Vorfeld minimiert. Die Praxis kann sodann in den neuen Räumen als erfolgreiches Unternehmen über Jahre hinweg und mit Freude geleitet werden.

Anja Knoop
Dipl.-Ing. (FH)
Architektin
atmosphäre bommert . knoop . architekten PartGmbB
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