Kostenerstattungsprinzip als Wahloption für gesetzlich Versicherte – ein Überblick

Gesetzlich versicherten Patienten wird normalerweise nach dem Praxisbesuch keine Arztrechnung vorgelegt. Ihre medizinische Versorgung erfolgt stets bargeldlos. Somit hängt die Gesundheitsversorgung von GKV-Patienten nicht von deren finanziellen Leistungsfähigkeit ab.

Deutschland kennt ein sogenanntes „duales Krankenversicherungssystem“:

  • Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV)
  • Die private Krankenversicherung (PKV)

Das Konzept der PKV kann von jedem Beschäftigten gewählt werden, für den die Regeln der freiwilligen Mitgliedschaft in der GKV anzuwenden sind. Er kann sich alternativ auch privat versichern. Private Versicherungsgesellschaften, die Krankenversicherungen anbieten, gibt es viele. Patienten können sich für Vollversicherungen oder Zusatzversicherungen entscheiden. Letztere ergänzen GKV-Leistungen um solche, die von der GKV nicht angeboten werden.

Kostenerstattungsprinzip für PKV-Patienten

Ärzte rechnen die Behandlungen ihrer Privatpatienten nicht direkt mit der PKV ab. Ihre Rechnungen richten sich an die Adresse der Patienten selbst. Sie müssen für die erbrachte medizinische Behandlung in Vorleistung gehen und erhalten dann die Kosten von ihrer Versicherung erst zeitverzögert rückerstattet. Dazu müssen PKV-Versicherte ihre Rechnungsbelege einreichen.

Abrechnen kann der PKV-Versicherte nur erstattungsfähige Kosten, die seinem Tarif zugrunde liegen. In der PKV liegt somit immer ein Vertragsverhältnis zwischen dem Patienten, der PKV und dem Arzt vor. Dies gilt für die Vollversicherung sowie für Zusatzversicherungen.

Wichtig: Der Vertrag mit der PKV regelt den Umfang, also die vereinbarten Leistungen der PKV. Ob der Privatversicherte die vollen Rechnungsbeträge, von der PKV erstattet bekommt, hängt von seinem vereinbarten PKV-Tarif ab.

Bezahlmodus mit elektronischer Gesundheitskarte

Der Abrechnungsmodus bei gesetzlich Versicherten gestaltet sich für den Arzt anders. Er liest die elektronische Gesundheitskarte (eGK) des Patienten ein, sodass er, gemäß des Sachleistungsprinzips, direkt mit den zugelassenen gesetzlichen Krankenkassen abrechnen kann. Diese für den Patienten vordergründig kostenfreie Behandlung kommt sozusagen einer Naturalleistung gleich und ist ein typisches Merkmal der GKV.

Die Vergütung des behandelnden Arztes regeln die gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen von Verträgen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV).

Wie bekommt der Vertragsarzt sein Honorar?

Vertragsärzte der GKV rechnen ihre Leistungen einmal im Quartal nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) ab. Dazu listen sie für jeden GKV-Patienten alle Behandlungsdetails, das Datum der Behandlung und die Diagnose auf und reichen diese Übersicht bei ihrer KV ein.

Erst nach Prüfung der Abrechnungsdaten wird die Kostensumme der jeweiligen GKV des Patienten belastet. Die Regelungen des EBM sind nach Meinung vieler erfahrener Ärzte oft schwer durchschaubar. Die KVen überweisen dem Mediziner erst einmal nur monatliche Abschlagszahlungen. Ein Nachteil für den Mediziner, denn die Schlusszahlung erfolgt immer erst im übernächsten Quartal.

Für den GKV-Versicherten sieht das Verfahren anders aus:

  • Er muss nicht in finanzielle Vorleistung gehen und wird entlastet.
  • Er hat Zugang zu allen ärztlichen Leistungen.
  • Er kann seinen Arzt so oft wie er es für notwendig hält aufsuchen.
  • Bezahlung durch eGK ist leicht zu handhaben.

Prinzipiell kann der Kassenpatient wenig Kontrolle ausüben, denn:

  • alle von der Kasse finanzierten Leistungen sind fest definiert.
  • Sie unterliegen dem EBM.
  • Der Arzt muss sich an einen Leistungskatalog halten, der vor allem die Wirtschaftlichkeit einer basismedizinischen Versorgung fokussiert.
  • Transparenz über Preise und Kosten der gesundheitlichen Behandlung fehlen.
  • Eventuelle Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung können nicht überprüft werden.

 

Kostenerstattungsprinzip auch für Kassenpatienten

Was häufig nicht bekannt ist: gesetzlich Versicherte können seit der Gesundheitsreform in 2004 die Privatabrechnung mit Option auf nachträgliche Erstattung durch die GKV wählen. Dabei können sie eine Beschränkung auf einen bestimmten Versorgungsbereich – ambulant oder stationär – angeben.

Ebenso wie der Privatpatient kann der gesetzlich Versicherte dann zusätzliche ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen, die im Regelfall nicht von der GKV bezahlt werden. Wer als GKV-Patient das Kostenerstattungsprinzip wählt, ist für die Dauer eines Quartals an die Entscheidung gebunden.  

Per Definition ist also jeder Kostenerstattungspatient von Rechts wegen ein Privatpatient, selbst wenn er als gesetzlich Versicherter diese Option frei gewählt hat. Das bedeutet für den Arzt, dass er seine Leistungen in jedem Fall über die Gebührenordnung für Ärzte (GÖA) abrechnen muss und die entsprechenden Gebührenrahmen zu beachten hat.

Korrekte Abrechnung bindet Zeit und Geld

GKV-Patienten gegenüber, die ein Kostenerstattungsprinzip wählen, hat ein Arzt eine Aufklärungspflicht. Und zwar immer dann, wenn diese sich finanziell damit schlechter stellen als mit ihrem Sachleistungsanspruch.

Das bedeutet, dass eine bestimmte Leistung, selbst bei Abrechnung des Einfachsatzes der GOÄ, mehr kosten kann als die GKV dafür vorsieht. Denn bei Rechnungslegung muss der Arzt erbrachte Leistungen grundsätzlich immer nach der GOÄ abrechnen. Diese finanzielle Einschätzung muss er vor der Behandlung für seinen Patienten getroffen haben.

Von Nachteil für den Arzt ist es zudem, wenn der Patient nicht zahlt. Eine Privatrechnung nach GOÄ ist grundsätzlich immer sofort fällig, aber nicht alle Privatpatienten zeigen eine gute Zahlungsmoral. Oft muss der Mediziner warten oder sogar ein Mahnwesen starten. Das intensiviert ein Forderungsmanagement und auch das kostet – Zeit und Investitionen für Personal bzw. Abrechnungssoftware.

Transparenz ist Pflicht

Für seine Privatpatienten muss der Mediziner die geforderten Rechnungssummen durch eine genaue Leistungsaufstellung transparent machen. So kann der Patient nachvollziehen, wofür genau er zahlt und wie teuer die Leistung ist. Diese Kosten-Nutzen-Rechnung schult das Kostenbewusstsein der Patienten und kommt möglicherweise dem Gesundheitssystem zugute.

Gleichzeitig bedeutet jene Privatabrechnung eine Herausforderung für den Arzt, denn nur eine korrekte Rechnung sichert seine Vergütung. Falls es also zu einem inhaltlichen Fehler gemäß §§ 1 bis 12 der GOÄ oder einem Formfehler auf dem Rechnungsdokument kommt, erlischt auch der Zahlungsanspruch des Arztes.

Eine korrekte Rechnungslegung ist immer die Voraussetzung dafür, dass der behandelnde Arzt einen Rechtsanspruch auf Begleichung der Privatrechnung hat. Als Leistungserbringer ist ein Arzt folglich nicht nur als medizinischer Spezialist gefordert, sondern muss anschließend noch in die Tiefen des Paragraphendschungels abtauchen.

Das stellt z.B. Jungmediziner nach Praxisgründung vor immense Hürden. Denn auch als GKV-Vertragsarzt müssen sie sich mit einer Vielzahl an Budgets auskennen, um sichere Umsätze zu erwirtschaften. Zusammenfassend kann aus Sicht der Ärzteschaft wohl behauptet werden, dass Honorarabrechnungen jeder Art mit einem hohen Aufwand verbunden sind. Daher greifen immer mehr Mediziner auf einen externen Abrechnungsservice zurück.

Kostenübernahme durch PKV

Nach einem Krankenhausaufenthalt erhält der Privatpatient die Abrechnung für medizinische Leistungen ebenfalls persönlich. Allerdings kann er mit Blick auf die Unterbringungskosten eine direkte Abrechnung seiner Versicherungsgesellschaft mit der Krankenhausverwaltung organisieren. Dazu muss er lediglich seine „Card für Privatversicherte“ vorlegen. Alternativ geht eine Kostenübernahmeerklärungdurch die PKV. Bei sehr hohen OP-Rechnungen kann der Privatpatient mit seiner Versicherung klären, dass sie die Aufwendungen direkt mit der Klinik abrechnen.

Rechnung nach formalen Regeln

Form und Inhalte einer Rechnung unterliegen in jeder Branche festen Regeln. Ärzte müssen sich hier an bestimmte Regeln halten, die in der GOÄ (§12) festgelegt sind, z.B.:

  • Rechnungskopf mit Datum
  • Auflistung der medizinischen Einzelleistungen mit Datum
  • Gebührennummer für jede einzelne Leistung, z.B. "Nr. 3 GOÄ für Beratung, auch telefonisch"
  • Gebührensatz bzw. Steigerungssatz für die jeweilige Leistung: wird z.B. mit Faktor 3,5 abgerechnet, muss der Arzt eine individuelle Begründung liefern
  • Anzahl der erbrachten Leistungen
  • Einzelbetrag für jede Leistung
  • Besonderheiten für Entschädigungen begründen
  • Gesamtrechnungsbetrag
  • Evtl. Minderungsbetrag nach §6a GOÄ für stationäre Leistungen im Krankenhaus

Der Privatpatient kann vom Arzt verlangen, dass er ihm die Abrechnung erklärt. Die Regeln zur Abrechnung sind für alle Ärzte bindend.

Gesundheit im Fokus der Politik

Die Abrechnungform von medizinischen Leistungen unterscheidet sich, je nachdem, ob der Patient privat oder gesetzlich versichert ist. Die GOÄ regelt die Vergütungen für privatärztliche Behandlungsformen. Bei gesetzlich Versicherten legt ein Bundesgesetz eine alternative Honorierung fest. Deshalb fallen Arztrechnungen für PKV-Versicherte mitunter höher aus, selbst wenn gleiche Leistungen wie für Kassenpatienten abgerechnet werden.

Patienten können von ihrem Arzt eine sogenannte Patientenquittung verlangen. Nach jedem Arztbesuch oder nach jedem Quartal kann; eine Liste der erbrachten Leistungen angefordert werden. Der Patient muss für eine quartalsweise Information lediglich die Kosten von einem Euro plus das Porto tragen.

 

Marie Schneider