Was Sie beim Arbeitsvertrag mit dem Ehepartner beachten sollten

Bis vor einigen Jahren waren Anstellungsverträge mit Familienangehörigen bei der Betriebsprüfung kein großes Thema. Das hat sich geändert. Prüfer schauen jetzt sehr genau hin, ob diese Angestellten auch wirklich arbeiten. Was zu beachten ist, zeigt unser Beitrag in der Serie „Teure Fehler“ auf.

Seit das Bundessozialgericht 2019 den Rentenversicherungsträgern ins Stammbuch geschrieben hat, dass „sich die Betriebsprüfung zwingend auf die im Betrieb tätigen Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge erstreckt“, gibt es immer häufiger recht kreative Gestaltungsmodelle bei der Anstellung von Angehörigen. Sie können zu hohen Nachzahlungen oder gar Strafverfahren führen.

Grundsätzlich ist es möglich, Ehepartner in der eigenen Praxis anzustellen. Solche Verträge müssen aber dem „Fremdvergleich“ standhalten. „Die vertraglichen Vereinbarungen müssen also dem entsprechen, was zwischen fremden Dritten üblich ist. Außerdem sind sie auch tatsächlich so durchzuführen, wie es schriftlich niedergelegt ist“, sagt Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis in München. Beim Fremdvergleich können Ärzte sich an den sonst in der Praxis geschlossenen Verträgen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch an Tarifverträgen orientieren. Ärzte dürfen also zum Beispiel keine überhöhten Gehälter an ihre Ehepartner zahlen, um so die Betriebsausgaben des Praxisinhabers zu erhöhen und die Steuer zu drücken.

Diese Prüfkriterien gibt es in der Praxis

  • Tatsächliche Eingliederung des mitarbeitenden Ehegatten in die Arztpraxis
  • Nachvollziehbare und klare Definition des Aufgabengebiets
  • Tatsächliche Durchführung der vertraglich zugewiesenen Tätigkeiten
  • Einhalten der vereinbarten Arbeitszeiten
  • Regelmäßige und angemessene Bezahlung der Tätigkeit

Große Falle Pro-forma-Anstellung

Arbeitsverträge, die nicht „gelebt“ werden, haben oft zwei Ziele: den Ehepartner durch die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung abzusichern und den Arbeitslohn und die Sozialversicherungsabgaben als Betriebsausgaben von der Steuer abzusetzen.

Aber Vorsicht: Meldet ein Praxisinhaber ein Familienmitglied zwar ordnungsgemäß an, zahlt ihm das Gehalt und führt Sozialversicherungsbeiträge ab, gleichzeitig erbringt aber das Familienmitglied nicht die Arbeitsleistung, dann handelt es sich um ein Scheingeschäft. Das führt dazu, dass der Vertrag nichtig ist, also ungültig. Die Folgen: Die für den Scheinarbeitnehmer abgeführten Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer kann der Arbeitgeber nicht als Betriebskosten absetzen. Denn der zugrunde liegende Vertrag ist ja nichtig. Tut er es dennoch, mindert er damit seinen Ertrag und macht sich so wegen Steuerhinterziehung strafbar. Die zu wenig entrichteten Steuern sind natürlich nachzuzahlen. Gleichzeitig ist der vermeintlich angestellte Ehepartner weder Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung noch erwirbt er Rentenansprüche.

„Von derartigen ,sportlichen‘ Gestaltungskonstruktionen können wir nur abraten. Bitte bedenken Sie auch: Selbst wenn der Betriebsprüfer das Scheinarbeitsverhältnis nicht erkennt, laufen Sie immer Gefahr, dass die frisch gekündigte Medizinische Fachangestellte oder der Buchhalter, dessen Urlaubsantrag abgelehnt wurde, sich zum Whistleblower berufen fühlt und eine anonyme Meldung an das Finanzamt oder die Deutsche Rentenversicherung Bund absetzt“, sagt Müller.

Schlechtere Karten beim Praxisverkauf

Zwei weitere Aspekte können Scheinarbeitsvertr.ge zu einem teuren Fehler machen. Ist der Verkauf der Praxis einmal geplant, dann berechnet sich der Kaufpreis häufig anhand von zwei Kennzahlen: Umsatz und Gewinn. Wer in seiner Praxis den Partner und drei Sprösslinge, womöglich noch mit jeweils einem Dienstfahrzeug, anstellt, rechnet künstlich und ganz unnötig seine Kostenquote hoch. Das wirkt sich unmittelbar auf den Gewinn und damit auf den Kaufpreis für die Praxis aus. Und: Das Kündigungsschutzgesetz kommt zur Anwendung, wenn ein Praxisinhaber regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt. „Da ist es dann äußerst ungeschickt, wenn man gerade mit dem Ehegatten-Arbeitsvertrag über diese Grenze rutscht“, weiß Ecovis-Rechtsanwalt Tim Müller.

Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis in München

Quelle: ECOVIS Webservice GmbH