Welche Kooperationsform ist für Ärzte die Richtige?

Immer wieder taucht bei der individuellen Rechtsberatung der Mitglieder des Virchowbundes die Frage auf, welche Kooperationsform die Richtige für den Arzt wäre. Leider lässt sich ­diese Frage nicht so einfach beantworten, denn entscheidend ist, welche Anforderungen der einzelne Arzt an die Zusammenarbeit stellt und welche Voraussetzungen für die Kooperation vorliegen.

Als Hilfestellung bei der Entscheidung in welcher Form Sie zusammenarbeiten können, möchten wir Ihnen die einzelnen Kooperationsformen und ihre Vor- und Nachteile darstellen.

Ärztliche Berufsausübungs­gesellschaft (BAG)

Unter dem Begriff der BAG, die früher als „Gemeinschaftspraxis“ bezeichnet wurde, ist in Abgrenzung zu reinen Organisationsgemeinschaften, wie der Praxisgemeinschaft, der Zusammenschluss mehrerer Arztpraxen zur gemeinsamen Berufsausübung zu verstehen. So hat der Bundesgerichtshof den Begriff BAG als einen Zusammenschluss mehrerer Ärzte gleicher oder unterschiedlicher Fach­gebiete definiert, die ihre ärztliche Tätigkeit in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamen Einrichtungen und mit einer gemeinsamen Praxisorganisation bei gemeinsamer Abrechnung der erbrachten ärztlichen Leistungen ausüben. Geprägt ist die BAG also durch das Gemeinsame. Daher ist für einen Einzelkämpfer, der lieber alleine arbeitet und alles selbst entscheiden will, eine BAG nicht die richtige Kooperationsform. Eine BAG wird in der Regel in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerliches Rechts (GbR) geführt und bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses.

Teilberufsausübungs­gemeinschaften (Teil-BAG)

BAGs können seit 2007 auch als Teil-BAG geführt werden. Eine Teil-BAG ist eine auf einzelne Leistungen bezogene Berufsausübungsgemeinschaft, z. B. zur fachübergreifenden gemeinschaftlichen Betreuung eines bestimmten Patientenklientels. Sie können auch zur Erbringung bestimmter Leistung, wie z. B. ambulantes Operieren, gegründet werden. Sie können „örtlich“ oder „überörtlich“ sein. Die abgerechneten ärztlichen Leistungen müssen von den Partnern der Teil-BAG aber weiterhin selbst, d. h. persönlich, erbracht werden. Die Zuweisung von Patienten gegen Entgelt an andere ­Ärzte einer Teil-BAG ist unzulässig.

Überörtliche BAG

Eine gemeinsame Berufsausübung ist auch durch Ärzte mit unterschiedlichen Praxissitzen (sog. überörtliche BAG) möglich. Jedem der beteiligten Ärzte ist zusätzlich die vertragsärztliche Tätigkeit auch am Praxissitz des Mitgesellschafters erlaubt, ohne dass es dafür einer besonderen Genehmigung bedarf. Die Mitglieder einer überörtlichen BAG haben den Hauptsitz ihrer BAG für jeweils mindestens zwei ­Jahre festzulegen. Sie ist für die Anwendung aller ortsgebundenen Regelungen des Vertragsarztrechtes, wie z. B. für die Vergütung, Abrechnung und Qualitätssicherung ausschlaggebend.

Job-Sharing-BAG

Seit über 20 Jahren kann eine BAG auch bei bestehenden Zulassungsbeschränkungen zwischen zwei Ärzten als Job-Sharing-BAG gegründet werden.

Hierfür müssen aber folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Verpflichtung zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zwischen neuem Arzt (Juniorpartner) und bisher bereits tätigem Vertragsarzt (Seniorpartner)
  • Fachidentität zwischen den Ärzten
  • Erklärung zur Leistungsbegrenzung der zukünftigen BAG auf der Grundlage der bisherigen Abrechnungen des Senior­partners.

Der Juniorpartner erhält eine beschränkte Zulassung, die vom Bestehen der Zulassung des Seniorpartners abhängig ist. Nach zehn Jahren gemeinschaftlicher Berufsausübung erhält der Juniorpartner eine Vollzulassung und die Leistungsbegrenzungen entfallen.

Vor- und Nachteile einer Job-Sharing-BAG

Vorteil dieser Kooperation ist die Möglichkeit, auch in gesperrten Gebieten ohne zusätzlichen Vertragssitz eine BAG gründen zu können. Der Nachteil ist hier die Verpflichtung zur Mengenbegrenzung bei der Abrechnung.

Grundsätzliche Vor- und Nachteile einer BAG

Ein wesentlicher Vorteil einer BAG ist die Kostenteilung und -ersparnis durch die gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten, Personal und Gerätschaften. Diesbezüglich besteht der größte Vorteil gegenüber einer Einzelpraxis. Auch das gemeinschaftliche Tragen der Verantwortung wird von vielen Ärzten positiv bewertet. Zudem können Patienten bei Abwesenheit eines Gesellschafters kontinuierlich weiterbetreut werden. Darüber hinaus ist eine gegenseitige Vertretung möglich. Durch eine Arbeitsteilung werden die einzelnen Gesellschafter aber auch zeitlich entlastet. Gerade wenn man den Kollegen, mit dem man eine Kooperation eingehen möchte, schon längere Zeit kennt und sich fachlich wie menschlich gut versteht, ist eine BAG zu empfehlen.

Der größte Nachteil einer BAG ist die gemeinsame Haftung in ärztlicher, aber auch in finanzieller Hinsicht. Daher müssen im Kooperationsvertrag detaillierte Regelungen zu gesellschafts- und steuerrechtlichen Sachverhalten aufgenommen werden, wie zur Gewinnverteilung und insbesondere zur Änderung dieser. Eine kompetente Beratung durch einen Rechtsanwalt und einen Steuerberater ist vor Gründung einer BAG zwingend notwendig.

Partnerschaftsgesellschaft (PartG)

In einer PartG können sich einerseits Ärzte gleicher oder verschiedener Fachrichtungen unter Beachtung der Bestimmungen des Partnerschaftsgesetzes und des Berufsrechts zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammenschließen. Die PartG ist also eine BAG und hat daher auch die Vor- und Nachteile einer BAG. Die PartG ist aber keine GbR.

Anders als die hergebrachte GbR führt die Partnerschaft unter Ärzten ein „Schattendasein“.

Vor- und Nachteile einer PartG

Als Gründe hierfür sind neben dem geringen Bekanntheitsgrad vermutlich auch der Nachteil der PartG zu sehen, dass hier anders als bei der GbR ein aufwendigerer Gründungsakt durch die Notwendigkeit der notariellen Beurkundung sowie die Registerpflicht im Partnerschaftsregister besteht. Dies ist mit zusätzlichen Notar- und Gerichtskosten verbunden.

Es gibt aber auch Vorteile. Bei der GbR haften die Gesellschafter persönlich und unbeschränkt. Demgegenüber haften bei einer Partnerschaftsgesellschaft die einzelnen Partner neben der Gesellschaft nur dann, wenn sie selbst mit der Bearbeitung eines Auftrages befasst sind, also beide Ärzte gemeinsam die Patienten behandeln. Daher sind ­gerade in fachfremden Kooperationen PartG anzuraten, da hier eine gemeinsame Haftung für die ärztliche Tätigkeit reduziert werden kann.

Praxisgemeinschaft (PG)

Eine PG ist ein Zusammenschluss von zwei oder mehreren eigenständigen (Einzel-) Praxen mit getrennter Abrechnung und getrenntem Patientenstamm. In dieser Organisationsgemeinschaft werden aber gemeinsam Räumlichkeiten und ggf. auch Personal und/oder Gerät­schaften genutzt. Die ärztliche Behandlung erfolgt aber getrennt. Besonders bei fachgleichen Praxen muss streng darauf geachtet werden, dass der Patient nicht ohne Grund, wie z. B. Vertretung bei Urlaub oder Krankheit, zwischen den Ärzten wechselt, da nur bis zu einem sehr minimal definierten Prozentsatz eine Patientenüberschneidung erlaubt ist. Ansonsten droht eine Plausibilitätsprüfung. Eine PG wird in der Regel auch als GbR geführt. Bei Gründung einer PG benötigt man im Gegensatz zur BAG keine Genehmigung des Zulassungsausschusses, vielmehr muss sie nur der KV gegenüber angezeigt werden.

Vor- und Nachteile einer PG

Ein wesentlicher Vorteil einer PG ist die hohe medizinische und wirtschaftliche Eigenständigkeit. Auch aufgrund der Kostenersparnis durch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen, z. B. Räumlichkeiten, Geräten und Personal, ist die PG auch für fachfremde Arztpraxen empfehlenswert. Durch gemeinschaftliche Investitionen werden Einsparungen möglich. Und es besteht wie bei einer BAG die Möglichkeit des fachlichen Austauschs unter den Kollegen. Gerade wenn man sich noch nicht lange kennt und nicht beurteilen kann, wie die menschliche und fachliche Zusammenarbeit funktioniert, sollte man eine PG in Betracht ziehen. Eine spätere Trennung einer PG ist in der Regel auch problemloser.

Nachteilig ist in einer PG dagegen, dass nur begrenzte Möglichkeiten der gegenseitigen Vertretung bestehen. Auch ist keine Arbeitszeitteilung bzw. -abstimmung möglich.

Fazit

Welche Kooperation für den jeweiligen Arzt die Richtige ist, hängt von vielerlei Kriterien, insbesondere auch der Persönlichkeit des Arztes, ab und sollte gut überlegt sein.

Andrea Schannath

Justiziarin des Virchowbundes. Bei individuellen Fragen zu diesem, aber auch allen anderen beruflichen Themen, können sich Mitglieder des Virchowbundes an die Justiziarin Frau Andrea Schannath wenden:
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