Fallbeispiel: Abrechnung bei Onkologiepatienten in der Hausarztpraxis

Die spezialisierte Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Karzinomerkrankungen wird in der Regel von Facharztkolleginnen und -kollegen oder in Krankenhäusern durchgeführt. Die meist aufwändige Interimsbetreuung hingegen findet in der hausärztlichen Praxis statt. Anhand eines aktuellen Fallbeispiels können Sie Potenziale in Ihrer KV-Abrechnung aufdecken und Ihre Abrechnung optimieren.

Hausärztinnen und Hausärzte betreuen Patientinnen und Patienten mit Karzinomen hauptsächlich zwischen und nach den spezifischen Behandlungszyklen (Zytostatika- oder Strahlenbehandlung). Darüber hinaus sind Hausärztinnen und -ärzte regelmäßig in die „finale“ Betreuung von Onkologiepatientinnen und -patienten eingebunden. Im Hausarztkapitel des EBM gibt es im Gegensatz zu den Facharztkapiteln keine speziell für die Betreuung von Karzinompatientinnen und -patienten berechnungsfähigen Gebührenordnungspositionen (GOP). Bereits im Jahr 2013 wurden einige neue GOP für Hausärztinnen und -ärzte in den EBM aufgenommen, die auch bei der Betreuung von Karzinompatientinnen und -patienten angesetzt werden können. Diese GOP wurden jedoch nicht speziell für diesen Leistungsbereich in den EBM aufgenommen.

Chronisch Kranke mit Karzinom

Gemäß der Präambel zu Abschnitt 3.2.2 des EBM (Chronikerpauschalen) sind die GOP 03220 und 03221 berechnungs­fähig, wenn bei derselben Person im Zeitraum der letzten vier Quartale (das aktuelle Quartal zählt mit) in mindestens drei Quartalen wegen derselben gesicherten Erkrankung (Zusatzzeichen G) ein Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden hat. Erstreckt sich eine Karzinomerkrankung über diesen Zeitraum, sind die GOP 03220 und 03221 berechnungsfähig. Wichtig: In den Quartalen vor Berechnung der GOP 03220 und 03221 muss jeweils eine identische Dia­gnose per ICD-10-Code angegeben werden, z. B. Adenokarzinom der Mamma C50.9.

Ältere Menschen mit Karzinom

In der Präambel zu Abschnitt 3.2. des EBM (geriatrische Versorgung) sind die Vo­raussetzungen zur Berechnung der Geria­triepositionen 03360 und 03362 definiert. Karzinomerkrankungen sind dort nicht aufgeführt. Aber: Bei Karzinompatientinnen und -patienten treten häufig begleitende Syndrome auf, die in der Präambel genannt sind wie z. B. Stuhl- oder Harninkontinenz (R15/R32), therapierefraktäres Schmerzsyndrom (R52.1), eine Pflegestufe (R74.9, Pflegegrad 1 ist ausreichend) usw. Sind Karzinompatientinnen und -patienten über 70 Jahre alt und liegt eines der in der Präambel genannten Syndrome vor, sind die GOP 03360 und 03362 berechnungsfähig. Die GOP 03360 ist auch bei dem Verdacht (ICD-10 Zusatz „V“ oder „A“) auf das Vorliegen eines der benannten Syndrome berechnungsfähig, bei Berechnung der GOP 03362 muss die Diagnose gesichert sein (Zusatz „G“).

Folgend möchten wir Ihnen ein Fallbeispiel aus der hausärztlichen Praxis vorstellen, anhand dessen Sie Potenziale in Ihrer KV-Abrechnung aufdecken und Ihre Abrechnung selbst optimieren können.

 

 

Palliativpositionen bei Karzinompatienten

Gemäß der Präambel zu Abschnitt 3.2.5 des EBM (palliativmedizinische Versorgung) kommt die Berechnung der GOP 03370 bis 03373 auch bei Karzinompatientinnen und -patienten infrage. Anhand der Diagnoseangabe sollte ersichtlich sein, dass es sich um eine Erkrankung handelt, bei der in der Regel keine Heilungsaussichten bestehen. Der Palliativstatus nach GOP 03370 ist nur einmal im Krankheitsfall (d. h. im aktuellen und den drei folgenden Quartalen) berechnungsfähig. Für die Berechnung der Betreuung nach GOP 03371 muss die Patientin oder der Patient wegen der Formulierung „Betreuung des Patienten in der Arztpraxis“ in der Leistungslegende mindestens einmal im Quartal persönlich in der Arztpraxis gewesen sein. Die Besuchszuschläge 03372 und 03373 sind uneingeschränkt berechnungsfähig, die GOP 03372 je vollendete 15 Minuten bis zu höchstens fünfmal am Behandlungstag bei demselben Versicherten zusätzlich zu Besuchen nach GOP 01410 und 01413, die GOP 03373 einmal zusätzlich zu Besuchen nach den GOP 01411, 01412 oder 01415 unabhängig von der Dauer des Besuchs.

Obwohl die Palliativpositionen 03370 bis 03373 vor zehn Jahren in den EBM aufgenommen wurden, lassen die nach wie vor relativ geringen Abrechnungsfrequenzen dieser GOP den Rückschluss zu, dass diese GOP nicht in allen berechtigten Fällen abgerechnet werden.

 

► Hinweis zu verwendeten Gebührenordnungspositionen

Neben den bundesweit geltenden EBM-Ziffern, den Gebührenordnungspositionen (GOP), gibt es auch Leistungen, die z.B. aufgrund besonderer vertraglicher Regelungen der einzelnen KVen mit den Krankenkassen nur regional abrechnungsfähig sind. Dafür gelten regionale GOP, oder auch Pseudo-GOP. Regionale GOP gibt es z.B. zur Kennzeichnung von Praxisbesonderheiten oder Wegepauschalen.