Welche Vitamine und Mineralstoffe sind besonders wichtig für Mutter und Kind

Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente zählen zu den Biofaktoren – Substanzen, die eine gesundheitsfördernde oder krankheitsvorbeugende biologische Aktivität besitzen. Auch in der Schwangerenbetreuung sollte der optimalen Versorgung mit Biofaktoren ein fester Platz eingeräumt werden. Dabei geht es allerdings nicht um die pauschale Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, sondern um den gezielten Einsatz einzelner Biofaktoren mit einem positiven Nutzen für die Gesundheit von Mutter und Kind.

Folsäure – welche Rolle spielt der Biofaktor in der Schwangerschaft?

 

 

Folat

 

Säuglinge

60–80 µg/Tag

 

Kinder bis 12 Jahre

120–240 µg/Tag

 

Jugendliche ab 13 Jahren und Erwachsene

300 µg/Tag

 

Schwangere

550 µg/Tag

 Stillende450 µg/Tag
 

Tab. 1: Zufuhrempfehlungen der DGE für Folat (Folatäquivalente) [3]; 1 µg Folatäquivalent entspricht 1 mg Nahrungsfolat bzw. 0,5 µg Folsäure

Nach den Ergebnissen der Nationalen Verzehrsstudie II liegt die mittlere Zufuhr an Folatäquivalenten bei Erwachsenen deutlich unter den Empfehlungen der DGE. 79 % der Männer und sogar 86 % der Frauen erreichen die empfohlene Tageszufuhr an Folatäquivalenten nicht. Da für Frauen mit Kinderwunsch nach den WHO-Leitlinien2  höhere Zufuhrempfehlungen gelten, sind in dieser Gruppe sogar 95 % unterversorgt. Während in den USA, Kanada, der Schweiz und einigen außereuropäischen Ländern Grundnahrungsmittel standardmäßig mit Folsäure angereichert werden, ist das in Deutschland nicht der Fall.

Folsäuremangel erhöht Risiko für Komplikationen in der Schwangerschaft

Folsäure ist essentiell für die mütterliche Erythropoese sowie Zellwachstum und -differenzierung des Ungeborenen. Eine ausreichende Versorgung der Mutter mit dem Biofaktor ist für die normale kindliche Entwicklung, vor allem im Hinblick auf die Prophylaxe von Missbildungen wie Spina bifida oder Anenzephalie von zentraler Bedeutung.4 Daher empfiehlt die DGE gemäß einer entsprechenden Leitlinie der Weltgesundheitsorganisation WHO3  Frauen mit Kinderwunsch zusätzlich zu einer folatreichen Ernährung die tägliche Einnahme von 400 μg synthetischer Folsäure, um der Bildung von Neuralrohrdefekten vorzubeugen:

  • Laut Studienlage kann durch eine rechtzeitige Supplementierung von Folsäure das Risiko für Neuralrohrdefekte um bis zu 80 % reduziert werden.5,6
  • Da sich das Neuralrohr bereits um den 28. Tag der Schwangerschaft schließt, sollte die Supplementierung spätestens vier Wochen vor Eintritt der Schwangerschaft beginnen und während des ersten Trimenons weitergeführt werden.
  • Es gibt auch Empfehlungen für eine Supplementierung von 800 μg Folsäure pro Tag, wenn diese erst vier bis acht Wochen vor der geplanten Empfängnis beginnt.7
  • Frauen, die in einer vorangegangenen Schwangerschaft bereits ein Kind mit einem Neuralrohrdefekt geboren haben, sollten täglich 4 mg Folsäure supplementieren.8 Allerdings sind auch gegenteilige Studienergebnisse zu dieser hohen Dosierungsempfehlung veröffentlicht worden.9
  • Ein Folsäuremangel kann auch Ursache für die Entwicklung angeborener Herzfehler10 und ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten und Aborte sein.11

Kann Folsäure überdosiert werden?

Die sichere Tageshöchstmenge – der tolerable upper intake level (UL) – für Folsäure beträgt nach Angabe der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit bei langfristiger Einnahme 1.000 μg. Bei Folsäurezufuhren oberhalb 1000 μg könnten sonst neurologische Symptome eines Vitamin B12-Mangels überdeckt werden.12  Höhere Folsäure-Supplementierungen sind jedoch möglich, um einen nachgewiesenen Folsäuremangel zu beheben. Erst bei einer sehr hohen Folsäurezufuhr von etwa 15 mg pro Tag kann es zu Reizbarkeit oder Depressionen, Schlafstörungen sowie Magen-Darmstörungen kommen.13

Vitamin-B12 – Risiken durch Mangel in der Schwangerschaft

„Durch eine unzureichende Verfügbarkeit von Vitamin B12 kann es zu schwerwiegenden hämatologischen und neurologischen Störungen bei den Säuglingen kommen, was mit nachhaltigen Folgen für die Entwicklung der Kinder verbunden sein kann“, warnt Prof. Karlheinz Reiners, Neurologe und Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der Gesellschaft für Biofaktoren e. V. (GfB). Die entstehenden Störungen sind häufig unspezifisch und während der Schwangerschaft zunächst nur durch Verzögerungen der fetalen Entwicklung erkennbar.13,14,15

  • neurologische Symptome: Reizbarkeit, Apathie, Appetitlosigkeit, Erbrechen, zitronengelbe Hautverfärbung und motorische und psychische Entwicklungsstörungen16
  • hämatologische Störungen: Megaloblastenanämie bis hin zu einer Panzytopenie. Die Symptome sind im Einzelfall sehr unterschiedlich ausgeprägt und werden daher oft nicht rechtzeitig genug mit einem Vitamin-B12-Mangel in Verbindung gebracht.17

Die Störungen sind durch eine Behandlung der Säuglinge mit Vitamin B12 weitgehend gut behebbar. Leider kann es bei schwerwiegendem Vitamin-B12-Mangel und nicht rechtzeitiger Behandlung auch zu weitergehenden und dann schwerer zu behandelnden Entwicklungsstörungen kommen. Wichtiger als die nachträgliche Korrektur eingetretener Fehlentwicklungen ist daher die Prophylaxe eines Vitamin-B12-Mangels in der Schwangerschaft durch eine ausreichende Zufuhr des Biofaktors.

Vitamin-B12-Supplementation nötig

Laut DGE liegt die Empfehlung für Schätzwerte von Vitamin B12 für Schwangere bei 4,5 µg, für Stillende bei 5,5 µg.18 Die pro Mahlzeit oder Dosis aufgenommene Menge an Vitamin B12 ist auf maximal 1,5 µg beschränkt.14 Bei Reduktion des für die aktive Resorption von Vitamin B12 notwendigen Intrinsic Faktors (z.B. durch eine chronische Gastritis, Autoantikörper oder medikamentöse Säureblocker wie PPI und H2-Blocker) schränkt sich die tatsächliche aktive Resorptionsrate noch weiter ein. Über diesen Wert hinaus kann Vitamin B12 aber über passive Diffusion aufgenommen werden; rund 1-5 % des freien Cobalamins werden durch diese passive Diffusion über die Darmschleimhaut resorbiert.19 Das bedeutet, dass bei hoher Verfügbarkeit von Vitamin B12, zum Beispiel im Rahmen einer oralen Substitutionstherapie, mehr Vitamin B12 passiv als aktiv resorbiert wird. Orale Vitamin-B12-Präparate werden deshalb häufig so dosiert, dass die über die passive Diffusion aufgenommene Menge allein ausreicht, um den Bedarf an Vitamin B12 zu decken. Die entsprechende orale Dosierung von Vitamin-B12-Supplementen sollte daher bei mindestens 500 bis 1000 µg liegen.  

Vitamin-D3 – Mangel in Schwangerschaft und Stillzeit weit verbreitet

Eine ausreichende Vitamin-D3-Versorgung in der Schwangerschaft ist essentiell für die Entwicklung des ungeborenen Kindes. Allerdings weisen 98 % der Schwangeren im Winter Vitamin-D3-Serumkonzentrationen unterhalb der von der DGE empfohlenen 50 nmol/l auf, und selbst im Sommer unter dem Einfluss der UV-Strahlung liegt die Quote noch bei 49 %.20

Weiterhin konnte dokumentiert werden:

  • Bei knapp 80 % der stillenden Frauen liegen nach der Geburt Vitamin-D3-Spiegel unter 50 nmol/l, bei 27 % sogar unter 25 nmol/l vor.21
  • Stillende Frauen zeigten viermal häufiger einen Vitamin-D3-Mangel als nicht stillende Frauen.22
  • Tägliche Gaben von 5.000 IE des Biofaktors konnten die Vitamin-D3-Konzentration der Muttermilch und damit auch die des gestillten Säuglings verbessern.23

Vitamin D3 und Rachitis-Prophylaxe

Da Säuglinge keiner direkten Sonnenbestrahlung ausgesetzt werden sollten, weil bei ihnen der hauteigene Schutzmechanismus noch nicht ausgebildet ist, und aufgrund der oben erwähnten Vitamin-D3-Unterversorgung stillender Frauen gehören Säuglinge ebenfalls zu den Risikogruppen eines Vitamin-D3-Mangels.24 Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie sollte die Therapie einer Vitamin-D-Mangelrachitis wie folgt aussehen:

  • bis zum Alter von 12 Monaten: 2.000 IE Vitamin D3 und zusätzlich 40-80 mg/kg Calcium pro Tag für die Dauer von 12 Wochen
  • bis zum Ende des 1. Lebensjahres: 500 IE Vitamin D3 pro Tag
  • ab dem 2. Lebensjahr bis zum Alter von 12 Jahren: 3.000-6.000 IE Vitamin D3 pro Tag und zusätzlich 500 mg Calcium täglich für die Dauer von 12 Wochen25

Vitamin-D3-Mangel der Mutter erhöht Risiko für Typ-1-Diabetes des Kindes

Niedrige mütterliche 25(OH)D-Spiegel in der Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Geburt sind mit einer erhöhten Gefahr verbunden, dass die Kinder im späteren Lebensalter Typ-1-Diabetes entwickeln.26 Der Biofaktor spielt eine immunmodulatorische Rolle durch den Vitamin-D-Rezeptor VDR, der auf Pankreas- und Immunzellen vorhanden ist.27

Daher sollte vor Schwangerschaftsbeginn und in der gesamten Schwangerschaft auf eine optimale Vitamin-D3-Versorgung – gemessen als Calcidiol- bzw. 25(OH)D – oberhalb von 50 nmol/l geachtet werden. Weitere Informationen zur Labordiagnostik finden Sie unter „Nährstoffe für Mutter und Kind – Tipps zur Labordiagnostik“  

Eisen – Biofaktor für Blutbildung und Sauerstoffzufuhr

Eisenmangel ist der weltweit häufigste ernährungsbedingte Mangel eines Biofaktors: 14 % der Männer und sogar 75 % der Frauen im gebärfähigen Alter erreichen nicht die Zufuhrempfehlungen der DGE für gesunde Personen.28 Neben Frauen im gebärfähigen Alter haben Schwangere und Stillende, Kinder und Jugendliche sowie Vegetarier und Veganer ein erhöhtes Risiko für einen Eisenmangel.29

 

Eisen

 

 

M

W

 

Säuglinge

 

0 bis unter 4 Monate

0,5 mg/Tag

 

4 bis unter 12 Monate

8 mg/Tag

 

Kinder

 

1 bis unter 7 Jahre

8 mg/Tag

 

7 bis unter 10 Jahre

10 mg/Tag

 

10 bis unter 15 Jahre

12 mg/Tag

15 mg /Tag

 

Jugendliche und Erwachsene

 

15 bis unter 19 Jahre

12 mg/Tag

15 mg/Tag

 

19 bis unter 51 Jahre

10 mg/Tag

15 mg/Tag

 

51 und älter

10 mg/Tag

10 mg/Tag

 

Schwangere

30 mg/Tag

 

Stillende

20 mg/Tag

 

Tab. 2: Zufuhrempfehlungen der DGE für Eisen30

Achtung: Eisen-Supplementierung nur unter Laborkontrolle

Trotz des bekannten Risikos für einen Eisenmangel wird von einer Eisensubstitution ohne ärztliche Anleitung abgeraten. Zu viel Eisen steigert die Belastung mit freien Radikalen und oxidativem Stress und ist deshalb kein Fall für eine Selbstmedikation oder eine Supplementierung ohne labordiagnostischen Nachweis eines Mangels.

In diesem Zusammenhang weist auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) darauf hin, dass keine positiven Wirkungen einer über den Bedarf hinausreichenden Supplementierung mit Eisen bekannt sind, während negative Wirkungen wie ein erhöhtes Risiko für Herz- und Krebserkrankungen nicht ausgeschlossen werden können.31 Da bei Frauen im gebärfähigen Alter durch die Menstruation der Eisenbedarf erhöht ist und die Zufuhrreferenzwerte von ihnen im Median nicht erreicht werden, definiert das BfR ausschließlich für Frauen zwischen ca. 14 und 50 Jahren eine Tageshöchstmenge von 6 mg Eisen in Nahrungsergänzungsmitteln.32 Für alle anderen Bevölkerungsgruppen wurde keine Höchstmenge für die Verwendung von Eisen in Nahrungsergänzungsmitteln festgelegt. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit konnte auf Basis der verfügbaren Daten keine Dosis-Wirkungsbeziehung für die im Zusammenhang mit hohen Eisenaufnahmen oder -speichern diskutierten Krankheitsrisiken und insgesamt keinen tolerable upper intake level (UL) für Eisen ableiten.

Ein nachgewiesener Eisenmangel oder eine manifeste Eisenmangelanämie sind unabhängig von Alter und Geschlecht der Person allerdings grundsätzlich eine Indikation zur Eisen-Supplementation. Die benötigte Menge des Biofaktors – initial 50-100 mg Fe2+ pro Tag – liegt dann deutlich über den DGE-Empfehlungen.33

Beim Nachweis des Eisenstatus in der Schwangerschaft ist zu berücksichtigen, dass sich durch die Vergrößerung des Gesamtblutvolumens auch der Hämoglobinwert verändert. Obwohl die Gesamtmenge der Erythrozyten und damit die Sauerstofftransportkapazität zunimmt, kommt es durch die überproportionale Zunahme des Plasmavolumens zu einer Abnahme des Hämoglobins (Referenzbereich: 11-14 g/dl). Die Hämoglobinkonzentration sollte in jedem Trimenon ≥ 11,2 g/dl sein.

Weitere Informationen zur Labordiagnostik finden Sie unter „Nährstoffe für Mutter und Kind – Tipps zur Labordiagnostik“ 

Eisenmangel während und nach der Schwangerschaft

Nicht jede Frau schafft es, den erhöhten Eisenbedarf während der Schwangerschaft allein durch die Ernährung auszugleichen. Daher leiden viele Schwangere unter einem latenten Eisenmangel mit Müdigkeit, Leistungsabfall, Appetitlosigkeit, Blässe und erhöhter Infektanfälligkeit, fast 10 % entwickeln eine Eisenmangelanämie.34 Das Risiko für eine erhöhte Sterblichkeit bei Mutter und Kind steigen unter einem Eisenmangel. Da auch das ungeborene Kind mit Sauerstoff unterversorgt ist, besteht unter zudem ein erhöhtes Risiko für Aborte, Frühgeburten und geistige und körperliche Entwicklungsstörungen. Durch einen schweren, chronischen Eisenmangel kann es zu Wachstumsstörungen sowie neurologischen und kognitiven Defiziten der Kinder kommen.35

Die Eisenversorgung sollte daher kontrolliert und bei Bedarf durch eine Eisensupplementation ausgeglichen werden.36Durch den Blutverlust während der Geburt ist der Eisenbedarf postpartum ebenfalls erhöht. Bei einem Mangel des Biofaktors kann laut WHO auch bis zu 12 Wochen nach der Geburt eine orale Eisensupplementation – allein oder in Kombination mit Folsäure – nötig sein.37

Jod – In der Schwangerschaft einen Mangel vermeiden

Der Jodbedarf der Schwangeren steigt aufgrund der vermehrten mütterlichen Produktion von Schilddrüsenhormonen, einer erhöhten renalen Jodausscheidung der Frauen und den Mehrbedarf für den Plazentatransfer an.38 Als Folgen eines Jodmangels in der Schwangerschaft sind eine Beeinträchtigung der Gehirnentwicklung und eine eingeschränkte mentale Entwicklung des Kindes, körperliche und geistige Behinderungen und Kretinismus sowie erhöhte Risiken für Früh- und Fehlgeburten bekannt.39 Selbst ein leichter bis mittelschwerer Jodmangel während der Schwangerschaft kann bereits mit Beeinträchtigungen der Kognition und schulischen Leistung verbunden sein.32

Nach den Handlungsempfehlungen der DGE sollten Schwangere zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung täglich ein Supplement mit 100 bis 150 μg Jod einnehmen. Bei Schilddrüsenerkrankungen empfiehlt sich vor der Supplementation eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt; bei Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Jodaufnahme in Höhe des Bedarfs in aller Regel unproblematisch. Vom Verzehr von Algen und Algenprodukten in der Schwangerschaft wird abgeraten, da Algen stark schwankende und teilweise sehr hohe Jodgehalte aufweisen und reich an Arsen und anderen toxischen Substanzen sein können.40

Magnesium – Welche Rolle spielt der Biofaktor in Schwangerschaft und Stillzeit?

Schwangere haben einen höheren Magnesiumbedarf, der durch das Wachstum des Fötus und der Plazenta sowie durch eine um bis zu 25 % erhöhte renale Magnesiumexkretion bedingt ist.41,42 Die DGE empfiehlt Schwangeren eine tägliche Magnesiumaufnahme von 310 mg/Tag und Stillenden von 390 mg/Tag.43

Es gibt allerdings auch Meinungen, dass der Magnesiumstatus in der Schwangerschaft nicht beeinträchtigt sei. „Diese Fehleinschätzung kommt daher, dass als einziges Kriterium für einen Magnesiummangel eine Hypomagnesiämie zugrunde gelegt wird und zusätzlich sehr niedrige Grenzwerte zwischen 0,63 und 0,75 mmol/l angesetzt werden“, betont Prof. Hans Georg Classen, Magnesiumexperte und Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates der Gesellschaft für Biofaktoren e. V. (GfB). Der Referenzbereich für die Serum-Magnesiumkonzentration liegt bei 0,8-1,10 mmol/l44 und zudem schließt eine Normomagnesiämie einen Magnesiummangel nicht aus.45 Weitere Informationen zur Labordiagnostik von Magnesium finden Sie unter „Nährstoffe für Mutter und Kind – Tipps zur Labordiagnostik“  

So wirkt sich Magnesium auf den Schwangerschaftsverlauf aus

Eine Vielzahl von Untersuchungen zeigt, dass der Magnesiumstatus mit pathologischen Ereignissen in der Schwangerschaft wie signifikant erhöhter Häufigkeit von Frühgeburten, Aborten, Wachstumsretardierung des Feten, Wadenkrämpfen und Dysmenorrhoe bei Müttern von Kindern mit Hypomagnesiämie, verknüpft ist.46,48 Ebenfalls gut dokumentiert ist die Assoziation zwischen einer höheren Magnesiumzufuhr mit einem niedrigeren Risiko für Präeklampsie.48,49 Kisters et al. zeigten, dass die Plasma-Magnesiumkonzentration bei gesunden Schwangeren und Schwangeren mit Präeklampsie niedriger ist als bei gesunden Nichtschwangeren, ebenso war der Magnesiumgehalt in Erythrozytenmembranen von Schwangeren mit Präeklampsie niedriger als bei gesunden Nichtschwangeren.50

„Auch für die weitere gesundheitliche Entwicklung der Schwangeren ist ein optimaler Magnesiumstatus wichtig“, betont Prof. Klaus Kisters vom wissenschaftlichen Beirat der Gesellschaft für Biofaktoren e. V. (GfB). Ein niedriger postpartaler Magnesiumstatus bei Schwangeren mit Gestationsdiabetes gilt als Risikofaktor für die Entwicklung eines manifesten Typ-2-Diabetes in der Folgezeit.51

Im Hinblick auf die große Bedeutung des Biofaktors für einen komplikationsfreien Schwangerschaftsverlauf und eine gesunde Entwicklung des Kindes hat die Gesellschaft für Magnesiumforschung zahlreiche klinische Studien zur oralen Magnesiumsupplementation in der Schwangerschaft bewertet. Sie gibt die Empfehlung, dass jede Schwangere mit 240 – 480 mg pro Tag supplementiert werden soll. Die Magnesiumsupplementierung sollte so früh wie möglich beginnen und bis zur Geburt und darüber hinaus fortgesetzt werden, da auch in der Stillzeit der Magnesiumbedarf erhöht ist.52

Zink – Auch auf diesen Biofaktor achten

Zink spielt im Protein- und Nukleinsäurestoffwechsel eine zentrale Rolle und ist damit für Zellteilungs- und Wachstumsprozesse von zentraler Bedeutung.53 Ein Zinkmangel in der Schwangerschaft beeinträchtigt die körperliche und geistige Entwicklung des Kindes und kann das Risiko für Fehl- und Frühgeburten erhöhen.54 Da der Biofaktor an der Synthese der Sexualhormone und an der Spermienproduktion beteiligt ist, kann ein Zinkmangel zudem zu Unfruchtbarkeit bzw. unerfülltem Kinderwunsch führen.55 Weitere Informationen hierzu finden Sie unter „Welche Rolle spielen Zink und Vitamin D3 für die Fertilität“ 

Die Zufuhrempfehlungen der DGE56  von Zink stehen in Relation zum Phytatgehalt der aufgenommenen Nahrung. Eine hohe Phytatzufuhr – vor allem in Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten enthalten – kann die Bioverfügbarkeit von Zink um bis zu 45 % reduzieren. Für Schwangere werden getrennte Referenzwerte für das erste Trimester sowie für das zweite und dritte Trimester, jeweils in Abhängigkeit von der Phytatzufuhr, angegeben.

 

Zink bei Schwangeren

 

Phytatgehalt der Nahrung

 

Zink-Referenzwerte im 1. Trimester

Zink- Referenzwerte im 2. und 3. Trimester

Zink-Referenzwerte für Stillende

 

Niedrig

7 mg/Tag

9 mg/Tag

11 mg/Tag

 

Mittel

9 mg/Tag

11 mg/Tag

13 mg/Tag

 

Hoch

11 mg/Tag

13 mg/Tag

14 mg/Tag

 

Tab. 3:  Referenzwerte der DGE für Zink

Achtung: Wechselwirkung Zink und Eisen

Die Zinkresorption kann durch Eisen beeinträchtigt werden.57 Bei Patientinnen, die mit Eisen supplementiert werden, sollte daher auf eine ausreichende Zinkzufuhr geachtet werden. Generell sollten Zink-Supplemente gut verträglich sein und sich durch eine hohe Bioverfügbarkeit auszeichnen, die bei organischen Verbindungen wie Zinkorotat oder Zinkgluconat gegeben ist. Weitere Informationen zur Labordiagnostik von Zink finden Sie unter „Nährstoffe für Mutter und Kind – Tipps zur Labordiagnostik“ 

 

 

Auf eine optimale Nährstoffversorgung in Schwangerschaft und Stillzeit achten

Aufgrund der vielfältigen physiologischen Effekte und aktueller Studienergebnisse sollte in der täglichen Betreuung der schwangeren Frauen der Versorgung mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen gezielt Aufmerksamkeit geschenkt werden. Ziel ist es, einem eventuellen Biofaktorenmangel und daraus resultierenden Schwangerschaftskomplikationen sowie negativen Auswirkungen auf die körperliche und geistige Entwicklung des Kindes entgegenzuwirken.

► Weitere Informationen zu den hier vorgestellten Biofaktoren und zur Labordiagnostik finden Sie auf der Webseite www.gf-biofaktoren.de.Die Gesellschaft für Biofaktoren e. V. (GfB) ist ein gemeinnütziger Verein, der das Ziel verfolgt, die wissenschaftlichen Grundlagen der Therapie und Prophylaxe mit Biofaktoren zu fördern.  

 

Literatur

1 www.mri.bund.de/fileadmin/MRI/Institute/EV/NVSII_Abschlussbericht_Teil_2.pdf, S. 121
2 WHO Guideline, Daily iron and folic acid supplementation in pregnant women, 2012
3 www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/folat/
4 From the Centers for Disease Control (CDC): Use of folic acid for prevention of spina bifida and other neural tube defects – 1983-1991. JAMA 1991 Sep 4; 266(9): 1190-1191
5 Imbard A et al.: Neural tube defects, folic acid and methylation. Int J Environ Res Public Health 2013 Sep 17; 10(9): 4352-4389
6 Llamas Centeno MJ et al.: Folic acid: Primary prevention of neural tube defects. Literature Review. Arch Esp Urol 2016 Mar; 69(2): 73-85
7 Obeid R et al.: The effectiveness of daily supplementation with 400 or 800 μg/day folate in reaching protective red blood folate concentrations in non-pregnant women: a randomized trial. Eur J Nutr 2017 Aug; 57(5): 1771-1780
8 Petersen JM et al.: Periconceptional folic acid and risk for neural tube defects among higher risk pregnancies. Birth Defects Res 2019 Nov 15; 111(19): 1501-1512
9 Dolin CD et al.: Folic Acid Supplementation to Prevent Recurrent Neural Tube Defects: 4 Milligrams Is Too Much. Fetal Diagn Ther 2018; 44(3): 161-165
10 Shiliang L et al.: Effect of folic acid food fortification in Canada on congenital heart disease subtypes. Clinical perspective. Circulation 2016 Aug 30; 134(9): 647-655
11 Pei L et al.: Effect of periconceptional folic acid supplementation on the risk of neural tube defects associated with a previous spontaneous abortion or maternal first-trimester fever. Hum Reprod 2019 Aug ; 34(8): 1587-1594
12 www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_folat_und_folsaeure-8899.html
13 Allen LH: Vitamin B12 metabolism and status during pregnancy, lactation and infancy. In: Nutrition regulation during pregnancy, lactation and infant growth. Springer US 1994. 173-186
14 Molloy Am et al.: Effects of folate and vitamin B12 deficiencies during pregnancy on fetal, infant, and child development. Food Nutr Bull 2008 Jun; 29(2 Suppl): 101-111
15 Rogne T et al.: Associations of maternal vitamin B12 concentration in pregnancy with the risks of preterm birth and low birth weight: A systematic review and meta-analysis of individual participant data. Am J Epidemiol 2017 Feb 1; 185(3): 212-223
16 Black MM: Effects of vitamin B12 and folate deficiency on brain development in children. Food Nutr Bull 2008 Jun; 29(2 Suppl): 126-131
17 O´Leary F et al.: Vitamin B12 in health and disease. Nutrients 2010 Mar; 2(3): 299-316
18 www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-b12/
19 Andrès E et al.: Vitamin B12 (cobalamin) deficiency in elderly patients CMAJ 2004; 171(3): 251-259
20 Schlereth F, Badenhoop K: Vitamin D – mehr als ein Knochenhormon. Internist 2016; 57: 646-655
21 Wuertz C et al.: Cross-sectional study of factors that influence the 25-hydroxyvitamin D status in pregnant women and in cord blood in Germany. Br J Nutr 2013; 110: 1895-1902
22 Gellert S et al.: Breastfeeding women are at higher risk of vitamin D deficiency than non-breastfeeding women – insights from the German VitaMinFemin study. Int Breastfeed J 2017 Apr 19; 12: 19
23 Oberhelmann SS et al.: Maternal vitamin D supplementation to improve the vitamin D status of breast-fed infants: a randomized controlled trial. Mayo Clinic Proceedings 2013; 88: 1378-1387
24 www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-d/
25 www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien
26 Tapia G et al.: Maternal and newborn vitamin D-binding protein, vitamin D levels, vitamin D receptor genotype, and childhood Type 1 Diabetes. Diabetes Care 2019; 42(4): 553-559
27 Lee S et al.: 1,25-Dihydroxyvitamin D3 and pancreatic beta-cell function: vitamin D receptors, gene expression, and insulin secretion. Endokrinologie 1994; 134(4): 1602-1610
28 Max Rubner-Institut (MRI): Nationale Verzehrsstudie II. Ergebnisbericht, Teil 2. Karlsruhe, 2008. www.mri.bund.de/fileadmin/MRI/Institute/EV/NVSII_Abschlussbericht_Teil_2.pdf, S. 135-136
29 Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (Hrsg.): S1-Leitlinie: Eisenmangelanämie, 2016
30 www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/eisen/
31 www.brf.de/a-z_index/eisen-5056/
32 Weißenborn A et al.: Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln. J Consum Prot Food Saf 2018; 13: 25-39
36 Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. (Hrsg.): Leitlinie Eisenmangel und Eisenmangelanämie. Empfehlungen der Fachgesellschaft zur Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen, 2011
34 Breymann C: Iron deficiency anemia in pregnancy. Semin Hematol 2015 Oct; 52(4): 339-347
35 Breymann C et al.: Diagnosis and treatment of iron-deficiency anaemia in pregnancy and postpartum. Arch Gynecol Obstet 2017 Dec; 296(6): 1229-1234
42 World Health Organization (WHO): Guideline: Daily iron and folic acid supplementation in pregnant women. Geneva, World Health Organization, 2012
43 World Health Organization (WHO): Guideline: Iron supplementation in postpartum women. Geneva, World Health Organization, 2016
38Trofimiuk-Mudler M et al.: Iodine deficiency and iodine prophylaxis in pregnancy. Recent Pat Endocr Metab Immune Drug Discov 2017; 10(2): 85-95
39 Bath SC: The effect of iodine deficiency during pregnancy on child development. Proc Nutr Soc 2019 May; 78(2): 150-160
40https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/bevoelkerungsgruppen/schwangere-stillende/ handlungsempfehlungen-zur-ernaehrung-in-der-schwangerschaft.de
41 Institute of Medicine, Food and Nutrition board: Dietary reference intakes for Calcium, Phosphorous, Magnesium, Vitamin D and Fluoride. Standing Committee on the Scientific Evaluation of Dietary Reference Intakes. The National Academic Press, Washington D.C., 1997.
42 Spätling L et al.: Magnesiumsupplementation in pregnancy. A double blind study. Brit J Obstet Gynecol 1988; 95: 120-125
43 www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/magnesium/
44 Spätling L et al.: Diagnostik des Magnesiummangels. Fortschritte der Medizin 2000; 118: 49-53
45 Ismail Y et al.: The underestimated problem of using serum magnesium measurements to exclude magnesium deficiency in adults; a health warning is needed for “normal” results. Clin Chem Lab Med 2010; 48: 323-327
46 Young G et al.: Interventions for leg cramps in pregnancy. Cochrane Database of Systematic Reviews 2002. Issue 1. Art. No.: CD000121. DOI: 10.1002/14651858. CD000121
47 Arikan G et al.: Frühgeburtlichkeit unter oraler Magnesiumsubstitution bei unkomplizierten Schwangerschaften. Eine randomisierte kontrollierte klinische Studie. Geb Frauenheilk 1997; 57: 491-495
48 Oken E et al.: Diet during pregnancy and risk of preeclampsia or gestational hypertension. Ann Epidemiol 2007; 17: 663-668
49 Bullarbo M et al.: Magnesium supplementation to prevent high blood pressure in pregnancy: a randomised placebo control trial. Arch Gynecol Obstet 2013; 288: 1269-1274
50 Kisters K et al.: Plasma, intracellular and membrane Mg2+ concentration in normal pregnancy and preeclampsia. Hypertension in pregnancy 1998; 17: 169-178
51 Yang SJ et al.: Serum magnesium level is associated with type 2 diabetes in women with a history of gestational diabetes mellitus: The Korea National Diabetes Program Study. J Korean Med Sci 2014; 29: 84-89
52 Spätling L et al.: Magnesiumsupplementation in der Schwangerschaft. Empfehlungen der Gesellschaft für Magnesium-Forschung e. V.. Frauenarzt 2015; 56: 892-897
53 Muhamed PK et al.: Zinc is the most important trace element. Ugeskr Laeger 2014 Mar 3; 176(5): V11120654
54 Hess SY et al.: Effects of maternal zinc supplementation in pregnancy and lactation outcomes. Food Nutr Bull 2009, 30(1): 60-78
55 Fallah A et al.: Zinc is an essential element for male fertility: A review of Zn roles in men's health, germination, sperm quality and fertilization. J Reprod Infertil 2018 Apr-Jun; 19(2): 69-81
56 www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/zink/
57 Bjørklund G et al.: Interactions of iron with manganese, zinc, chromium, and selenium as related to prophylaxis and treatment of iron deficiency. J Trace Elem Med Biol 2017 May; 41: 41-53

Dr. Daniela Birkelbach
Gesellschaft für Biofaktoren e. V. 
daniela.birkelbach@gf-biofaktoren.de
www.gf-biofaktoren.de