Symposiumsbericht: Biofaktoren für die Hirnleistung?

Geistige Fitness bis ins hohe Alter kann nicht unwesentlich von einer guten Versorgung mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen abhängen. Welchen Nutzen diese Biofaktoren in der Prävention und Behandlung von Hirnleistungsstörungen bis hin zur Demenz haben, diskutierten Wissenschaftler und Ärzte auf einem Online-Fachsymposium der Gesellschaft für Biofaktoren e.V. am 18. November 2023.

„Obwohl das Gehirn nur 2 % der Körpermasse ausmacht, verbraucht es rund 20 % des gesamten Energieumsatzes“, verdeutlichte der Vorsitzende der Gesellschaft für Biofaktoren e. V. (GfB), Prof. Dr. med. Hans Georg Classen aus Stuttgart-Hohenheim. Und immer mehr wissenschaftliche Daten zeigen, dass neben weiteren Risikofaktoren wie beispielsweise Diabetes, Herzerkrankungen, Alkoholabusus oder Bewegungsmangel auch unsere Ernährung und eine optimale Versorgung mit Biofaktoren nicht zu unterschätzende Faktoren für ein leistungsfähiges Gehirn sind.

Essen gegen das Vergessen?

Unser Gehirn entscheidet, was wir essen. Aber hat das, was wir essen, auch einen Einfluss auf unser Gehirn? „Laut Studienlage ist es vor allem eine mediterrane Ernährung, die förderlich für eine geistige Fitness bis ins hohe Alter sein kann“, so der Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. Peter Grimm von der Universität Stuttgart-Hohenheim. Neben der typischen Lebensmittelauswahl einer mediterranen Kost mit Obst und Gemüse, Hülsenfrüchten, Vollkorn-Getreideprodukten und Olivenöl sollte insbesondere auf naturbelassene, frische Nahrungsmittel geachtet werden. Nur so wird das Gehirn ausreichend mit Biofaktoren versorgt.

Vitamin-B1-Mangel beeinträchtigt Hirnfunktionen

„Wissenschaftliche Daten konnten positive Effekte von Biofaktoren wie beispielsweise Vitamin B1 auf die Hirnfunktion zeigen“,
betonte Prof. Dr. med. Karlheinz Reiners, Neurologe aus Wegberg und Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der GfB.


In Gehirnen von Patienten mit Alzheimer-Demenz wurden erniedrigte Spiegel von Vitamin B1, dem Thiamin nachgewiesen. Und eine Supplementierung mit dem Biofaktor konnte zu einer Verbesserung der kognitiven Ergebnisse bei Patienten mit leichter Alzheimer-Demenz führen. Dabei setzen die Wissenschaftler die lipidlösliche Vorstufe Benfotiamin in einer Tagesdosis von 2 x 300 mg ein, denn Benfotiamin zeichnet sich im Vergleich zu wasserlöslichem Thiamin durch eine fünffach höhere Bioverfügbarkeit aus.

Es konnte auch eine hohe Komorbidität zwischen kognitiven Störungen und Herzinsuffizienz nachgewiesen werden. „Der gemeinsame pathophysiologische Faktor ist der Vitamin-B1-Mangel. Herzinsuffiziente Patienten sollten daher auf das Vorliegen eines Vitamin-B1-Defizits, aber auch im Hinblick auf eine kognitive Störung gescreent werden – beispielsweise mit Hilfe des MoCA-Tests“, erklärte Reiners.

Das Gehirn braucht Vitamin B12

Die Prävalenz kausal behandelbarer bzw. reversibler Demenzen liegt – je nach Untersuchung – bei bis zu 9 %. „Und ein Vitamin-B12-Mangel erwies sich bei Patienten mit Verdacht auf Demenz als zweithäufigste kausal behandelbare Ursache nach einer depressiven Pseudodemenz,“ berichtete Frau Prof. Dr. med. Marija Djukic, Fachärztin für Neurologie und Neurologische Geriatrie und leitende Oberärztin Geriatrie des Evangelischen Krankenhauses in Göttingen auf dem Online-Symposium der GfB.

Gerade Senioren zählen zu den Risikogruppen für einen Vitamin-B12-Mangel, der anfangs vor allem zu unspezifischen Beschwerden wie Erschöpfung oder Inappetenz führt und von daher leicht übersehen werden kann. Es empfiehlt sich ein regelmäßiges Screening von Vitamin B12 alle zwei bis drei Jahre und ein möglichst frühzeitiger Ausgleich eines Vitamin-B12-Mangels. „Nur dann sind die Symptome aufzuhalten und im besten Fall sogar umzukehren“, betonte Djukic.

Ein Folsäuremangel soll ausgeschlossen werden, da der Biofaktor ebenfalls präventive Effekte auf die Risikominimierung einer kognitiven Störung zeigt. Bei Verdacht auf eine kognitive Störung und/oder eine makrozytäre Anämie sollten grundsätzlich beide Biofaktoren untersucht werden, da die alleinige Folsäure-Supplementierung bei gleichzeitig vorliegendem Vitamin-B12-Mangel eine schnelle Verbesserung der Anämie bewirken kann, allerdings neurologische Störungen aufgrund des „maskierten“ Vitamin-B12-Mangels voranschreiten würden.

Vitamin D3 und Hirnleistung: Die aktuelle Datenlage

„Vitamin D bzw. dessen Metabolite passieren die Blut-Hirn-Schranke. Der Vitamin-D-Rezeptor sowie Enzyme des Vitamin-D3-Stoffwechsels werden in vielen Bereichen des zentralen Nervensystems exprimiert und können dort neuroprotektive Effekte bewirken“ erklärte Prof. Dr. med. Stefan Pilz, Facharzt für Innere Medizin und Endokrinologie der Medizinischen Universität Graz und Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der GfB.

Laut epidemiologischen Studien korreliert ein Vitamin-D3-Mangel mit einem signifikant erhöhten Risiko für neurologische Erkrankungen inklusive der Demenz. Die Datenlage von Interventionsstudien ist aktuell noch nicht ganz konklusiv, was vor allem an Fehlern im Studiendesign liegt. „In viele Studien wurden Probanden eingeschlossen, die gar keinen Vitamin-D3-Mangel hatten“, so Pilz. Daten von Mendelschen Randomisierungsstudien legen jedoch einen kausal protektiven Effekt von Vitamin D3 auf die Demenz nahe.

Magnesium – Schutzfaktor gegen Demenz?

„Eine nur unzureichende Versorgung mit dem Biofaktor Magnesium führt zu einer verminderten Tau-Hyperphosphorylierung im Hippocampus und trägt so – vor allem bei vaskulärer Demenz – erheblich zu einer weiteren Verschlechterung bei“, warnte Prof. Dr. Klaus Kisters, Nephrologe und stellvertretender Vorsitzender der GfB.

Im Liquor cerebrospinalis fand sich die Magnesiumkonzentration bei Demenzpatienten signifikant erniedrigt. „Gerade in der Geriatrie und Neurologie gilt es daher, einen Magnesiummangel durch eine gezielte Supplementation zu verhindern“, empfahl Kisters.

Biofaktorenmangel vermeiden

In der täglichen Praxis sollte im Hinblick auf eine Prävention kognitiver Störungen und Demenz auf den Status ausgewählter Biofaktoren geachtet und ein eventueller Mangel gezielt ausgeglichen werden.


Quelle: Online-Fachsymposium der Gesellschaft für Biofaktoren e. V. „Biofaktoren und Hirnleistung – eine Bestandsaufnahme. Wissenschaftliche Erkenntnisse und fundierte Praxistipps“ am 18. November 2023 ( www.gf-biofaktoren.de/symposium-2023/ ).

Angabe der Literaturquellen, die Ergebnisse des GfB-Symposiums betreffend und weitere Informationen, z. B. zur Labordiagnostik der hier erwähnten Biofaktoren:

Dr. Daniela Birkelbach
Gesellschaft für Biofaktoren e.V.
E-Mail daniela.birkelbach@gf-biofaktoren.de

www.gf-biofaktoren.de