Welche Rolle kann ein Biofaktorenmangel bei Herzerkrankungen spielen?

Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente zählen zu den Biofaktoren – Substanzen, die eine gesundheitsfördernde oder krankheitsvorbeugende biologische Aktivität besitzen. Dieser Beitrag stellt Biofaktoren mit einem Nutzen bei Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems vor.

Magnesiummangel gilt als ein mög­licher Risikofaktor für die Entstehung einer Hypertonie.1 Sowohl bei manifester Hypertonie als auch bei Grenzwerthypertonie hat sich eine Magnesiumsupplementation positiv auf den Blutdruck ausgewirkt.2–4 Der Nutzen des Biofaktors ist zudem bei folgenden Erkrankungen dokumentiert:

  • Herzrhythmusstörungen
  • Supraventrikulare Tachykardien und gehäufte Extrasystolie3
  • Herzinsuffizienz4,5
  • Koronare Herzkrankheiten und plötzlicher Herztod6
  • Arteriosklerose

Neben dem intravenösen Einsatz von Magnesium hat sich die orale Supplementation ebenfalls erfolgreich gezeigt. „Es empfehlen sich 240 bis 480 mg Magnesium täglich. Bei Patienten mit schwerem Magnesiummangel kann die Tagesdosis auch im Grammbereich liegen“, betont Prof. Dr. med. Hans Georg Classen, Vorsitzender der Gesellschaft für Biofaktoren.7 Organisch gebundene Magnesiumsalze wie Magnesiumorotat oder -citrat sind im Vergleich zu anorganischen Verbindungen in der Regel besser verträglich und höher bioverfügbar.8,9

  • Synergismen bestehen Ein kombinierter Magnesium- und Kaliummangel kann Herzrhythmusstörungen verstärken
  • Die Blutdrucksenkung durch Magnesium und Kalium ist effektiver, wenn weniger Natrium aufgenommen wird
  • Für die Blutdruckregulation ist die ausgeglichene Elektrolytbalance von Natrium und Kalium wichtig
  • Da die Na+/K+-ATPase magnesiumabhängig ist, kann Kalium nur in Anwesenheit von Magnesium resorbiert werden.

Wie wirkt der Biofaktor Kalium?10

Der Referenzbereich für Serumkalium liegt bei 3,5 bis 5,5 mmol/l. Im Kaliummangel erhöht sich der Kaliumgradient an der Zellmembran, und die elektrische Stabilität der Herzzellen nimmt ab. Dadurch verstärkt sich das Risiko für die Entwicklung von Herzrhythmusstörungen, EKG-Veränderungen, ventrikulären und supraventrikulären Extrasystolen und Tachykardien. In schweren Fällen kann es zu Kammerflimmern und plötzlichem Herztod kommen.

Der Biofaktor ist zudem in die Blutdruckregulierung involviert. Auch die WHO11 empfiehlt aufgrund der Daten einer großen Metaanalyse mit fast 130.000 Teilnehmenden eine erhöhte Kaliumaufnahme bei Hypertonie. Parallel ging die Zahl der Schlaganfälle um 24 % zurück.12

Aufgrund möglicher negativer Effekte einer Hyperkaliämie wie Herzrhythmusstörungen und Herz-Kreislauf-Stillstand war man bislang mit Empfehlungen bezüglich einer Kaliumsupplementation vorsichtig. Das Risiko besteht jedoch meist nur bei eingeschränkter Nierentätigkeit. „Die Evidenz von hoher Qualität zeigt, dass eine erhöhte Kaliumaufnahme den Blutdruck bei Menschen mit Hypertonie senkt und keine negativen Auswirkungen auf … die Nierenfunktion hat,“ bestätigen auch die Autoren der bereits zitierten Metaanalyse. „Eine erhöhte Kaliumaufnahme sei für die meisten Menschen ohne gestörte renale Kaliumaufnahme zur Prävention und Kontrolle bei Hypertonie und Schlaganfällen vorteilhaft“, so die Aussage der Wissenschaftler. Die WHO hat daher erstmalig eine alimentäre Kaliumzufuhr von mindestens 3,5 g pro Tag empfohlen.

Was kann Vitamin D3 bewirken?

Studien zeigen, dass bei Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems auch der Einsatz von Vitamin D3 vorteilhaft sein kann:

  • Auch ein Vitamin-D3-Defizit gilt als Risikofaktor für die Hyper­tonie-Entwicklung.
  • Ein ausreichender Vitamin-D3-Status – Serumwerte von Calcidiol, dem Vorläufer des aktiven Vitamin D3, oberhalb 50 nmol/l – kann den Blutdruck senken.13
  • Ein Vitamin-D3-Mangel erhöht das Risiko für Angina pectoris, Herzinfarkt, plötzlichen Herztod, Herzinsuffizienz und kardiovaskuläre Mortalität.14

Literatur

1 Kisters K et al.: Ionized magnesium deficiency in elderly hypertensive patients in a pilot study. Nutr Food Sci J 2020, 3(2): 129-134
2 Zhang X et al.: Effects of magnesium supplementation on blood pressure. A meta-analysis of randomized double-blind placebo-controlled trials. Hypertension 2016 Aug, 68(2): 324-333
3 Kisters K, Classen HG et al.: Magnesiumhaushalt und Therapie bei Hypertonie. Nieren- und Hochdruckkrankheiten 2020, 245-251
4 Cunha AR et al.: Oral magnesium supplementation improves endothelial function and attenuates sublicinal atherosclerosis in thiazide-treated hypertensive women. J Hypertens 2017, 35: 89-97
5 Stühlinger HG: Die Bedeutung von Magnesium bei kardiovaskulären Erkrankungen. J Kardiol 2002, 9(9): 389-395
6 Stepura OB et al.: Magnesiumorotat in severe congestive heart failure (MACH). Int J Cardiol 2009, 131: 292-295
7 Kisters K et al.: Positiver Effekt einer Magnesiumorotat-Therapie bei hypertensiver Herzerkrankung. Nieren- u. Hochdruckkrankheiten 2016, 45: 1-6
8 Sigmund-Schultze N: Koronare Herzerkrankung und Elektrolyte: Serummagnesium ist mit Risiko für plötzlichen Herztod assoziiert. Dtsch Ärztebl 2016, 113(20) 
9 Kisters K et al.: Low ionized magnesium, vitamin d and interleukin 6 concentration in elderly hypertensive patients. Trace Elem and Elektrolytes 2021, 38(2): 63-67
10 Walker AF et al.: Mg citrate found more bioavailable than other Mg preparations in a randomised, double-blind study. Magnes Res 2003 Sep, 16(3): 183-191
11 Kisters K et al.: Positive Effect of Magnesium Orotate Therapy in Hypertensive Heart Disease. Metabolomics 2017, 7: 3-7
12 Piper W: Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems. Innere Medizin Springer Verlag  2013, 2. Auflage, 1-180
13 Einecke D: WHO empfiehlt Kalium. MMW – Fortschritte der Medizin 2013, 155 (1) doi.org/10.1007/s15006-013-0601-1
14 Aburto NJ et al.: Effect of increased potassium intake on cardiovascular risk factors and disease: systematic review and meta-analyses. BMJ 2013 Apr 3, 346: f1378
15 Aburto NJ et al.: Effect of lower sodium intake on health: systematic review and meta-analyses. BMJ 2013, 346, f1326
16 Pilz S et al.: Vitamin D status and arterial hypertension: a systematic review. Nat Rev Cardiol 2009, 6(10): 621-630
17 Holick MF et al.: Vitamin D deficiency: a worldwide problem with health consequences. Am J Clin Nutr 2008, 87(4): 1080S-1086S

Dr. Daniela Birkelbach
Gesellschaft für Bio­faktoren e. V.
daniela.birkelbach(at)gf-biofaktoren(dot)de
www.gf-biofaktoren.de

  • Die Gesellschaft für Biofaktoren e. V. ist ein gemeinnütziger Verein, der das Ziel verfolgt, die wissenschaftlichen Grundlagen der Therapie und Prophylaxe mit Biofaktoren zu fördern. Weitere Informationen: www.gf-biofaktoren.de oder in dem Review: Frank J, Kisters K, Stirban OA, Lorkowski S, Wallert M, Egert S, Podszun MC, Pettersen JA, Venturelli S, Classen HG, Golombek J. The role of biofactors in the prevention and treatment of age-related diseases. Biofactors 2021;47:522–550, IF 6.113.